Die Literatur und Pessoa: Überlegungen zur Genese der Heteronympoetik

Gerhard Wild

Abstract


Der vorliegende Beitrag beschreibt vor dem Hintergrund von Harold Blooms Intertextualitätskonzept der "Einflussangst" die Entstehung der Heteronympoetik Pessoas als Konsequenz der Krise, in die am Ende des 19. Jahrhunderts das neuzeitliche Originalitätspostulat gerät. Pessoa reflektiert diese Problematik in zwei seiner weniger bekannten Prosatexte, die den Heteronymen Barão de Teive und Alexander Search zugeschrieben sind. In dem wahrscheinlich bereits um 1910 konzipierten, gegen Ende der zwanziger Jahre fertiggestellten "Único manuscrito" des Barão de Teive, der sich als poetologische Essay erweist, resultiert aus der Diskussion des Originalitätsproblems der Selbstmord des Autors, der in paradoxer Weise Originalität durch den Bericht der Vernichtung seiner sämtlichen Schriften reklamiert. In dem Alexander Search 1907 zugewiesenen "Very Original Dinner" wird das Problem der Originalität im Diskurs über die Kochkunst vorgetragen. Konsequenz dieser Suche nach Innovation ist die physische Zerstörung lästiger Vorläufer im Akt des Kannibalismus. Beide Texte diskutieren auf einer metapoetischen Ebene die Genese der Heteronympoesie in beiden Texten zwischen den konkurrierenden Optionen der Resignation (Selbstmord) und Recycling (Kannibalisierung).

Schlagworte


Pessoa, Fernando; Intertextualität; Heteronym; Barão de Teives; Search, Alexander; Bloom, Harold; Einflussangst

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