Maurice Wilmotte (1861–1942), „le plus français des Belges“, und die deutsche Romanistik
Mit einem Anhang unveröffentlichter Briefe
Frank-Rutger Hausmann
Das Epitheton „le plus français des Belges“ stammt von Wilmottes Schüler Maurice Delbouille, „Maurice Wilmotte (1861–1942)“, in L’Université de Liège de 1936 à 1966: notices historiques et biographiques, Teil 2, Notices biographiques, hrsg. von Robert Demoulin (Liège: Rectorat de l’Univ., 1967), 3–20, hier 8; zit. nach Marnix Beyen, „Eine lateinische Vorhut mit germanischen Zügen: wallonische und deutsche Gelehrte über die germanische Komponente in der wallonischen Geschichte und Kultur (1900–1940)“, in Griff nach dem Westen: die „Westforschung“ der völkisch-nationalen Wissenschaften zum nordwesteuropäischen Raum (1919–1960), 2 Bde., hrsg. von Burkhard Dietz, Helmut Gabel und Ulrich Tiedau, Studien zur Geschichte und Kultur Nordwesteuropas 6 (Münster: Waxmann, 2003), 351–81, hier 352.
Die Romanistik, wie sie in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in Deutschland, Österreich und der Schweiz gepflegt wurde, hatte eine solche Strahlkraft, dass sie zahlreiche ausländische Studenten anzog. Heute würde man zweifellos von „Exzellenz“ sprechen. Die meisten verbrachten ein bis zwei Jahre in Deutschland, wo die Romanistik erstmals in voller Breite institutionalisiert worden war1 und es eine große Zahl angesehener Universitäten gab, an denen man das Fach studieren konnte. Dieser Wissensaustausch ist bisher noch nicht systematisch erforscht, sicherlich auch, weil es nicht genügend Einzeluntersuchungen gibt, wie sie richtungsweisend Ursula Bähler für Gaston Paris vorgelegt hat2, der den Reigen der romanistischen Deutschlandpilger eröffnete.
Die eigentliche Hochblüte der deutschen Romanistik fällt in die Jahre 1871–1914, d.h. in die Zeitspanne zwischen dem Ende des Deutsch-französischen Kriegs und dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs. Französische oder frankophil gesinnte Studenten, die den Weg an deutsche Universitäten fanden, mussten nationale Ressentiments überwinden, was ihnen nicht immer leicht fiel, da die meisten deutschen Romanistikprofessoren streng national gesinnt waren. Österreich war als Vielvölkerstaat kosmopolitisch, wie z.B. der Kreis der Habilitanden Wilhelm Meyer-Lübkes belegt, die aus allen Teilen der Monarchie stammten, und das gleiche gilt für die Schweiz mit ihren zwei (später drei) romanischen Sprachen als Landessprachen. Ausländer, die in Deutschland studierten, fielen daher mehr auf als in Österreich oder der Schweiz und hatten größere Eingewöhnungsschwierigkeiten.
Ohne umfassenden Untersuchungen vorgreifen zu wollen, kann man sagen, dass die deutschen Romanistikprofessoren wenig dafür taten, den deutsch-französischen Gegensatz zu entschärfen und als Brückenbauer zur wechselseitigen Verständigung beizutragen. Wer als Franzose oder wallonischer Belgier in Deutschland Romanistik studierte und später in seiner Heimat eine akademische Karriere einschlug, hatte zwar in sachlicher wie methodischer Hinsicht von seinem Aufenthalt profitiert, war aber im allgemeinen kein Freund Deutschlands geworden. Für diesen Personenkreis war es vermutlich auch nicht selbstverständlich, dass die älteren Zeugnisse seiner mittelalterlichen Literatur in großem Umfang erstmals von Deutschen wissenschaftlich erschlossen und interpretiert wurden. Wissenschaft ist zwar international, und das galt auch damals, aber die einzelnen Sprachen und Literaturen wurden nicht ohne Grund als „Nationalsprachen“ und „Nationalliteraturen“ bezeichnet. Deutsche Professoren betrachteten bei allem Wohlwollen die ausländischen Studenten als Nehmende, sich selber als Gebende. Sie ließen die Möglichkeit, im Kontakt mit den Fremden den eigenen Standpunkt zu hinterfragen, meist ungenutzt verstreichen. Ausnahmen von dieser Haltung waren selten.
Wenn wir uns im folgenden dem Belgier Maurice Wilmotte zuwenden, so ist dessen akademische Vita, die sich in seiner Heimat, in Frankreich und in Deutschland abgespielt hat, besonders aufschlussreich.3 Der überzeugte Wallone und Befürworter der belgischen Unabhängigkeit war und blieb trotz seines Studiums in Deutschland von der Überlegenheit der französischen Kultur überzeugt, der, so meinte und hoffte er, sich auch seine flämischen Landsleute langfristig nicht würden entziehen können. In seinem 1902 erschienenen Buch La Belgique morale et politique (1830–1900)4 und zahlreichen Zeitungsartikeln hat er diesen Gedanken deutlich zum Ausdruck gebracht. Seine Doktrin lautete: „C’est rendre le plus grand des services à la Wallonie que de lui faire aimer la culture française que, nous, nous aimons tant et pour tant de raisons. Multiplions les organismes de défense et d’extension françaises“.5
Untersuchen wir Wilmottes Verhältnis zur deutschen Romanistik näher: Er studierte zunächst in seiner Heimatstadt Lüttich Geschichte und französische Literatur (mit einem historischen Doktorat als Abschluss); dann, 1883–84, in Paris (Sorbonne, Collège de France, École pratique des Hautes Études, École des Chartes), und zuletzt, 1884–85, auf Anraten von Gaston Paris, in Deutschland (Halle a.S., Berlin, Bonn) Romanische Philologie. Bereits 1885 wurde er an der neu geordneten École Normale des Humanités de Liège für den Unterricht der romanischen Sprachen verantwortlich und erhielt 1891 ein Extraordinariat an der Universität Lüttich, das 1895 in ein Ordinariat verwandelt wurde. Er ist damit der erste romanistische Hochschullehrer seines Landes.6
Wilmotte konnte das belgische, französische und deutsche Universitätssystem und einige seiner herausragenden Repräsentanten aus eigenem Erleben miteinander vergleichen, was er in einem Rapport für das belgische Unterrichtsministerium auch ausführlich tat.7 Weitere Quellen für sein Fachverständnis sind seine Autobiographie8, vor allem aber seine Korrespondenz mit seinem Hallenser Lehrer Hermann Suchier.9
Wenn es in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gute Kontakte zwischen der französischen und der deutschen Romanistik gab, dann lag das nicht zuletzt an Gaston Paris, der 1856/58 selber in Bonn und Göttingen Romanistik (und Klassische Philologie) studiert hatte. Paris bestärkte Wilmotte in seiner Absicht, in Deutschland zu studieren, was sein Freund und Kollege Paul Meyer, der Deutschland reserviert gegenüberstand, mit einem ironischen Lächeln und dem Hinweis quittierte, Wilmotte würde jenseits des Rheins „[des] petits cours honnêtes“ finden.10
Wilmotte schrieb sich im Wintersemester 1884/85 in Halle, im Sommersemester 1885 in Berlin ein und verbrachte die erste Augusthälfte 1885 in Bonn. Sein Plan, dort das ganze Wintersemester zu studieren, wurde durch die Berufung nach Lüttich obsolet. Im Nachhinein betrachtete er Hermann Suchier in Halle als seinen eigentlichen Lehrer und „Meister“. Adolf Tobler widmet er in seinen Memoiren nur einen einzigen Satz – „J’ai suivi les cours de Tobler, mais mes rapports avec lui furent toujours distants“ (42). Ins Herz geschlossen hatte er Wendelin Foerster in Bonn, und seine entsprechende Schilderung klingt nach der bis heute bei Ausländern häufig anzutreffenden Begeisterung für das romantische Deutschland:
A notre première rencontre, il me prit le bras quasi familièrement et m’emmena à la taverne, où il m’offrit, sans plus de façons, de partager le litre de bière et l’assiette de charcuterie du lieu. Involontairement, dans la demi-obscurité de cette salle d’auberge, aux vitres coloriées et à l’atmosphère grasse et lourde, je ne pus m’empêcher de penser à l’une des scènes de Faust, où Wagner et le vieux magicien auraient heurté leur hanap avant l’apparition de Méphisto et de Gretchen. Après mon retour en Belgique, je reçus de lui une simple carte postale que je garde précieusement; il m’offrait de devenir son « lecteur de français », emploi très enviable à côté d’un tel maître et non loin de ma ville natale, et il ajoutait – sans ironie je crois – « zweiter Vorgänger Diez ».(40–1)
Wilmotte deutete Foersters Angebot als Aufforderung zur Habilitation – wir werden noch darauf zurückkommen. Übrigens wollte er nach Bonn gehen, weil dort sein Lütticher Freund Albert Marignan (1858–1936), später ein bekannter Kunsthistoriker11, studiert hatte und über Berlin eine so starke Sommerhitze lastete, dass ihm ein Arzt empfahl, nach Hause zurückzukehren. In Bonn angekommen, konnte er Foerster zunächst nicht treffen, der ebenfalls indisponiert war (vgl. Wilmottes Briefe vom 20.7. und 2.8.1885). Schließlich kam es doch zu einem Teffen, und Foerster bestärkte ihn, unbedingt auf dem von Suchier vorgeschlagenen Weg der Edition wallonischer Urkunden voranzuschreiten12 Dabei kam es jedoch zu einer Meinungsverschiedenheit: „A propos des Schizzi franco-provenzali de ce dernier savant [= Graziadio Ascoli], j’ai eu le malheur d’exprimer des vues qui ne correspondaient pas complètement aux siennes et j’ai éprouvé que l’humeur d’un des maîtres de la philologie romane, en Allemagne, était loin d’être égale, dès qu’on touchait à des sympathies personnelles“. Man kann an dieser Bemerkung, die deutlich mit dem Bericht über den gemeinsamen Gasthausbesuch kontrastiert, erkennen, dass Memoiren die Wahrheit glätten und niemals au pied de la lettre zu lesen sind.
Im Hinblick auf Wilmottes Verhältnis zu Suchier stimmen Briefe und Erinnerungen jedoch überein. Suchier nahm ihn freundlich auf, lud ihn auch zu sich nach Hause ein und beriet ihn bei seinen wissenschaftlichen Arbeiten. Wilmotte verdankt ihm die dialektologische Orientierung, insbesondere im Hinblick auf die wallonischen Dialekte, die für ihn identitätsstiftend waren. Das kommt deutlich im Kondolenzbrief zum Ausdruck, den er der Witwe Suchiers am 7. Juli 1914 schreibt (Anhang, Brief VI). Wenn der von ihm darin in Aussicht gestellte Nekrolog nicht mehr geschrieben wurde, trägt der knapp einen Monat nach Suchiers Tod (3. Juli 1914) ausbrechende Weltkrieg die Schuld daran. Seine Dankbarkeit hatte Wilmotte allerdings bereits in der Suchier zur Feier seiner 25jährigen Lehrtätigkeit zum 15. März 1900 dargebrachten Festgabe zum Ausdruck gebracht. Er reiht sich hier nicht nur unter die Suchier-Schüler ein – Joseph Bédier13, Charles Bonnier, Alexandru Philippide, Franz Saran, Georg Schläger, Carl Voretzsch, Karl Warnke, Carl Weber, Eduard Wechssler und Berthold Wiese –, er dediziert ihm auch den Beitrag „Le Dialecte du Ms. F. Fr. 24764“ (S. 45–74), die präzise Untersuchung einer zuvor von Wendelin Foerster und Suchier selber betrachteten theologischen Sammelhandschrift.14 Während Foerster sie Lüttich zuwies, Suchier sie wallonisch nannte, beurteilt Wilmotte sie aufgrund seiner besonderen Kennerschaft als nord-wallonisch, vermutlich aus dem östlichen Lütticher Raum (Anhang, Brief VI).
In seinem zuvor zitierten Rapport widmet Wilmotte Suchier die Seiten 18–22. Er erwähnt seine altfranzösischen und altprovenzalischen Publikationen, beschreibt seine paläographische Untersuchungsmethode, seine Vorlesungstätigkeit, die verwendeten didaktischen Hilfsmittel (Kartenmaterial) und den Ablauf seines Privatissime. Er kritisiert zwar die monoton verlesenen Referate der Teilnehmer, räumt jedoch ein, dass sie häufig Vorstufen späterer Doktorarbeiten seien.
Qu’il me soit permis, avant de quitter Halle, de remercier M. Suchier pour la bienveillance qu’il m’a toujours montrée, pour les conseils qu’il ma prodigués et pour la gracieuseté dont il a fait preuve à mon égard, en m’admettant, à titre personnel, dans un séminaire rigoureusement fermé. J’avais commencé, sous sa direction, un travail sur l’ancien dialecte liégeois, que l’insuffisance des matériaux publiés m’a seule empêché de mener à terme avant mon départ. Ces matériaux, il m’a été facile depuis de les recueillir au dépôt des archives provinciales de Liège, et quand mon travail paraîtra, je ne manquerai pas de rappeler en tête le nom de celui qui m’en a fourni le thème et aplani les difficultés premières.(22)
Diese Arbeit ist in 1888 der Zeitschrift Romania erschienen. In dem umfangreichen Artikel findet sich tatsächlich ein Hinweis auf Suchier und seine Schüler, die Wilmotte am Ende des oben gemachten Zitats genannt hatte.15 Was den zuvor zitierten Tobler betreffenden Satz angeht, so überrascht dessen distanzierte Lakonik. In dem zeitnäheren Rapport spricht Wilmotte nämlich von ihm in den höchsten Tönen und lässt seiner wissenschaftlichen Bedeutung Gerechtigkeit widerfahren. Er hatte bei ihm eine Vorlesung über die Geschichte der altprovenzalischen Lyrik gehört und eine praktische Übung zur spanischen Grammatik besucht. Hierin wurde die Grammatik von Julius Wiggers (Leipzig 1860) kritisch besprochen und ergänzt, und im Anschluss daran eine der Novelas ejemplares gelesen und interpretiert. Wilmotte kommt zu folgendem Schluss:
Par ce côté du débit et de l’exposition oratoire, M. Tobler m’a souvent rappelé les professeurs parisiens; comme eux, il a ce talent d’intéresser qui manque à bon nombre de ses collègues germaniques; il faut le voir dans son séminare philologique où il dirigeait, en 1885, l’explication approfondie du fragment provençal de Boèce et de poésies empruntées à Mahn (Gedichte der troubadours), animant la discussion par ses questions, ses remarques, ses objections et ses répliques, faisant presque tous les frais, en dépit du zèle très sérieux de ses élèves, inépuisable enfin de science et d’ardeur. (24)
Nachdem Wilmotte zunächst die diaktischen Fähigkeiten Toblers herausgestrichen hat – der Vergleich mit den Pariser Professoren (gemeint sind vermutlich seine Lehrer Gaston Paris16, Paul Meyer und Arsène Darmesteter) ist ein besonders hohes Lob –, kommt er auf seine internationale Reputation zu sprechen, die auf seiner wissenschaftichen Leistung beruhe. Auch habe er eine Schule gebildet, die seine Ideen weitertrage. An ausländischen Schülern nennt er stellvertretend Hugo von Feilitzen (1854–1887) in Uppsala und Anton Gerard Van Hamel (1842–1908) in Groningen, beide Pioniere der Romanistik in ihren Heimatländern. „M. Tobler est aujourd’hui l’un des maîtres les plus respectés de la philologie romane an Allemagne“ (24). Einem Brief vom Februar 1885 kann man entnehmen, dass Wilmotte auch einen Kurs des frisch gebackenen Privatdozenten Eduard Schwan über die französische Literatur des 13. Jh.s besuchte.
Wilmottes Vergleich der französischen und der deutschen Romanistik benennt die Stärken und Schwächen beider Ausbildungssysteme: Er kritisiert die allzu starre Festlegung der französischen Romanisten (mit Ausnahme derer an der École pratique des Hautes-Études), die nur wenig Spielraum hätten, ihre Themen zu variieren und allzu spezialisiert seien. Ihr Unterricht erlaube jedoch eine größere Vertiefung als der ihrer deutschen Kollegen, die dafür vielseitiger seien. Durch diesen Vergleich will Wilmotte den belgischen Unterrichtsminister davon überzeugen, die Romanistik an den belgischen Universitäten zu institutionalisieren, da Belgien das einzige westeuropäische Land ohne einen derartigen Lehrstuhl sei. Selbst die Niederlande hätten mit der Ernennung Van Hamels nachgezogen, obwohl das Land weniger Grund dazu habe als Belgien, wo mehr als 2 Mio. Einwohner einen französischen Dialekt sprächen, der in der mittelalterlichen Literatur eine bedeutende Rolle gespielt habe.
Wie bereits angemerkt wurde, hat Wilmotte sein Ziel der Institutionalisierung der romanischen Philologie in Belgien erreicht. Doch war es ihm wichtig, seine Stellung mit einem entsprechenden Titel abzusichern, weshalb er sich um die deutsche Habilitation bemühte, nicht etwa um ein französisches doctorat d’état. Der Gedanke dazu war ihm bei seinem Besuch bei Foerster gekommen. Da er aber nie wirklich in Bonn studiert hatte, übertrug er diesen Plan auf Halle und sondierte bei Suchier, ob er sich nicht dort habilitieren könne (Anhang, Briefe I u. II). Leider ist Suchiers Antwort nicht erhalten, aber sie dürfte zögerlich ausgefallen sein. Dafür gab es gute Gründe: Wilmotte hatte nur ein Semester in Halle studiert, er besaß keinen deutschen Hochschulabschluss, und sein Lütticher Doktortitel war in der Geschichtswissenschaft erworben worden. Eine Lehrverpflichtung, wie sie mit der Venia legendi verbunden war, kam wegen der räumlichen Entfernung und der Lütticher Aufbautätigkeit ohnehin nicht in Frage. Die Sache zerschlug sich, was Wilmotte Suchier jedoch nicht nachtrug.
Bei der Durchsetzung eines anderen Plans hatte Wilmotte mehr Erfolg. Es gelang ihm, nacheinander vier seiner Lütticher Schüler als Französischlektoren nach Halle zu vermitteln und so ein dichtes „Netzwerk“ zu schaffen17: Auguste Doutrepont (1865–1929)18, seinen Bruder Georges (1868–1941)19, Jules Simon20 und Albert Counson (1880–1933)21. In Leipzig hatte er seinen Schüler Alfred Duchesne (1872–1956) als Lektor untergebracht, der sich jedoch nicht gut mit Birch-Hirschfeld verstand (Brief vom 28.5. 1902). Die Vermittlung seines Schülers Gustave Cohen (1879–1958), seit 1905 Lektor bei Karl Lamprecht in Leipzig, nach Halle, zerschlug sich im Jahr 1907, da Cohens Vertrag wider Erwarten bis 1909 verlängert wurde.22 Vermutlich hatte Wilmotte bei Cohens Leipziger Ernennung ebenfalls seine Hand im Spiel, da er zu Lamprecht engen Kontakt unterhielt.
Die Wahl Suchiers in die Lütticher Académie im Jahr 1905 misslang hingegen; als Grund gibt Wilmotte an, Suchier habe wegen einer Intrige der katholischen Partei in der Akademie, die von Wilmottes Lehrer Godefroid Kurth (1847–1916) angeführt worden sei, das nötige Quorum von vierundzwanzig Stimmen verfehlt (PK vom 15.5.1905). Ansonsten belegt die Korrespondenz Wilmotte-Suchier einen kontinuierlichen wissenschaftlichen Austausch, meist über dialektologische Einzelprobleme.
Als Belgier, der in Frankreich und Deutschland studiert hatte, stand Wilmotte beiden Kulturen und Wissenschaftssystemen zwar nahe, doch Frankreich war für ihn geistige Heimat und kultureller Bezugspunkt, und diesbezüglich wurde er niemals schwankend. Im Jahr 1905 war Wilmotte die treibende Kraft bei der Gründung der von Belgien ausgehenden „Association pour la Culture et l’Extension de la Langue française“, die auf sein Betreiben hin 1905, 1908 und 1912 drei internationale Kongresse veranstaltete. Es war sicherlich nicht als Provokation gemeint, wenn er seinen „cher maître et ami“ Hermann Suchier zur Teilnahme einlud (Anhang, Brief V), doch wissen wir leider nicht, wie diese Einladung aufgenommen wurde. Suchier hat an diesem Kongress nicht teilgenommen, der überwiegend von Wallonen besucht wurde. Aus Deutschland kamen an Romanisten nur Dietrich Behrens (Gießen) und Julius Pirson (Erlangen), letzterer, weil er von Geburt Belgier war und bei Wilmotte in Lüttich studiert hatte.23 Die gedruckten Vorträge bzw. die Resümees belegen den Anspruch der „universalité de la langue française“ gerade in den Ländern, in denen das Französische mit anderen Sprachen konkurriert. Der am 13.9.1905 nach Malmédy, dem Hauptort der sog. preußischen Wallonie, unternommene Ausflug, an dem etwa hundert Kongressbesucher teilnahmen, sollte sicherlich die dort lebenden „onze mille Allemands qui parlent le wallon, dans ce coin reculé“ in ihrer sprachlichen Identität bestärken. Man kann sich nur schwer vorstellen, dass ein Suchier oder Tobler an dieser Exkursion teilgenommen hätten.24
Wilmotte war aber trotz seiner starken Frankreichorientierung an einer Zusammenarbeit mit deutschen Wissenschaftlern interessiert, wie exemplarisch die Gründung der Zeitschrift Le Moyen Age. Bulletin d’histoire et de philologie im Jahr 1888 (ab 1897 lautet der Untertitel Revue d’histoire et de philologie) belegt25, an der er gemeinsam mit seinem Jugendfreund, dem Kunsthistoriker Albert Marignan, und Georges Platon (Rechtshistoriker und Bibliothekar in Bordeaux) beteiligt war. Im wissenschaftlichen Beirat finden sich elf Deutsche, darunter seine romanistischen Lehrer Suchier und Tobler. In einem Brief vom 23. April 1887 hatte er Suchier zur Mitarbeit eingeladen (Anhang, Brief III). Weitere Informationen kann man seiner Korrespondenz mit dem damals noch in Bonn (und später in Leipzig) lehrenden Kulturhistoriker Karl Lamprecht entnehmen (Anhang, Brief IV). Wilmotte ging einer belgisch-deutsche Kooperation mit gutem Beispiel voran, da er zunächst selber für Karl Vollmöllers Kritische Jahresberichte über die Fortschritte der Romanischen Philologie über das Wallonische berichtete26 und diese Sparte ein Jahr später an seine Schüler Auguste und Georges Doutrepont abgab. Wenn er in den Jahren vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs zum Kritiker pangermanistischer Tendenzen wurde und vor dem wachsenden ökonomischen Einfluss Deutschlands auf die belgische Wirtschaft warnte27, zollte er der deutschen Wissenschaft jedoch nach wie vor Respekt. Sein Deutschlandbild wurde nachhaltig erst durch den deutschen Einmarsch in Belgien in den Morgenstunden des 4. August 1914 beschädigt. Es handelte sich um einen eklatanten Verstoß gegen das Völkerrecht, zumal Preußen, und damit das Deutsche Reich als sein Rechtsnachfolger, im Vertrag von London 1839 die belgische Neutralität garantiert hatten. Wilmotte floh nach Frankreich, fand Zuflucht zunächst an der Universität Bordeaux, dann an der Sorbonne, und kehrte erst 1919 nach Belgien zurück. Bis zu seinem Tod behielt er eine Wohnung in Paris. Man kann sagen, dass sein Verhältnis zu Deutschland hinfort zerrüttet war, auch wenn er deutschen romanistischen Arbeiten nach wie vor seine Aufmerksamkeit schenkte, wie mehrere Rezensionen in Romania und Le Moyen Age beweisen, und nicht grundsätzlich gegen eine Zusammenarbeit mit deutschen Wissenschaftlern war.28 Aber da Suchier, Tobler und Förster, die Lehrer seiner Studentenzeit, respektive 1914, 1910 und 1915 gestorben waren, erlangte diese Zusammenarbeit nie wieder die alte Intensität.
Seine Skepsis Deutschland gegenüber wurde durch den Zweiten Weltkrieg, der wiederum eine Besetzung seiner Heimat mit sich brachte, noch einmal verstärkt. Bei Beginn der Kampfhandlungen 1940 hielt sich Wilmotte in Italien auf und gelangte erst nach Umwegen in seine Heimat zurück, wo er am 9. Juni 1942 in Saint-Gilles bei Brüssel verstarb.
Richten wir den Blick noch einmal auf die Jahre nach dem Ersten Weltkrieg, als sich, wie bereits angedeutet, Wilmottes Verhältnis zu Deutschland merklich abkühlte. Bedeutenden Leistungen deutscher Wissenschaftler versagte er zwar auch jetzt seine Anerkennung nicht, doch vollzog er Schritt für Schritt einen wissenschaftlichen Paradigmenwechsel, den der Antwerpener Ideengeschichtler Marnix Beyen im einzelnen beschrieben hat:29 Hatte Wilmotte zunächst den Standpunkt vertreten, dass germanische Komponenten im frühen „wallingantischen Diskurs“ eine zentrale Rolle gespielt hätten, hob er im Lauf der Jahre immer stärker auf das keltische Element ab. Zwar betonte auch er, Rom habe die Wallonie geschaffen, doch interpretierte er deren Kultur zunächst als eine Mischung aus lateinischen und germanischen Elementen: „[Ç’aura été] l’honneur et la faiblesse de notre race, que d’avoir associé à un indomptable instinct d’individualisme germanique, l’allure plus vive, la sensualité plus prompte et l’humeur plus mobile et plus sarcastique du Gallo-Romain“.30 In seinen dialektologischen Studien hatte Willmotte Beweise für die germanisch-romanische Symbiose zusammengetragen. Seine entsprechenden Untersuchungen galten lange Zeit als Referenzwerke innerhalb der Wallonischen Bewegung. Doch in seinen letzten Lebensjahren, so Beyen, sei Wilmotte zu einem der wichtigsten Gegner der „germanischen Luftspiegelung“ geworden. Deutschen bzw. in Deutschland lehrenden Etymologen wie Walther von Wartburg und Ernst Gamillscheg, die einen hohen Anteil wallonischer, pikardischer und lothringischer Wörter mit germanischem Ursprung behauptet hätten, habe er einen nationalistischen „Heißhunger“ (boulimie) unterstellt. In der 1935 erschienenen Studie Nos dialectes et l’histoire habe er deshalb den Versuch unternommen, mit Hilfe von Dialektologie und Toponymie die keltische Grundlage der wallonischen Bevölkerung und Kultur nachzuweisen und den germanischen Einfluss zu relativieren.31 Noch strenger sei er mit Franz Petris Germanisches Volkserbe in Wallonien und Nordfrankreich32 ins Gericht gegangen, da Petri die Dynamik der deutschen Volksgrenze im Westen herausgestrichen und somit möglichen deutschen Eroberungsplänen und Annexions-Ansprüchen den Weg bereitet habe.
Wilmottes Kritik erschien u.a. am 19. Oktober 1939 in der vielgelesenen belgischen Tageszeitung Le Soir und wurde vermutlich durch den deutschen Überfall auf Polen ausgelöst. In einer ein Jahr zuvor erschienenen Doppelbesprechung von Petri und Gamillscheg33 kommt Petri noch recht ungeschoren davon, und Gamillschegs wissenschaftliche Leistung wird uneingeschränkt gelobt. Wilmottes „pro-keltisches“ Plädoyer fällt zudem gemäßigt aus34:
Tout d’abord M. Gamillscheg a consacré à la pénétration romaine en pays rhénan des pages très étudiées et dont on peut accueillir le sens. Cette pénétration fut surtout militaire et commerciale. En revanche ce qu’il dit des éléments celtiques appellerait certains compléments. Il m’a semblé leur faire plus large part que ses devanciers. N’aurait-il-pas pu être plus généreux encore? Les travaux de M. Jud, notamment l’admirable article de Romania où la survivance de toute la vie agricole préromaine est mise en relief, aurait pu lui servir d’avantage d’avertissement. A travers Rome et l’afflux barbare le Celte a tenu bon. Même dans nos régions flamandes on découvre, avec un certain étonnement, des vestiges nombreux et parlants de son vocabulaire familier. (72)
Fassen wir zusammen: Das Deutschlandbild Wilmottes in den Jahren von 1885 bis 1942 wird, sieht man von den persönlichen Erfahrungen ab, von der politischen Rolle des Deutschen Reichs geprägt, das 1870/71, 1914–18 und 1940 drei Kriege gegen Frankreich führt, von denen Belgien insbesondere 1914–18 und 1940 unmittelbar betroffen wird. Als Frankophiler steht er unverrückbar auf der Seite Frankreichs. Desungeachtet zollt er der deutschen Wissenschaft, insbesondere der deutschen Romanistik, Respekt und würdigt ihre Leistungen auch in Spannungszeiten. Er ist sich bewusst, welche methodischen Anregungen er seiner in Deutschland verbrachteten Studienzeit verdankt, auch wenn er sich schon früh davon emanzipiert und zum Begründer der belgischen Romanistik und Lehrer mehrerer einheimischer Studenten- und Professorengenerationen wird. Seine Wertschätzung der französischen Sprache und Kultur ändert sich in seinem ganzen Leben nicht, doch setzt er insofern neue Akzente in seinen Forschungen, als er den germanischen Einfluss auf die Wallonie hinter den keltischen zurücktreten lässt. Das ist wissenschaftlich vertretbar und stellt eine Akzentverschiebung, keine Konzession an politische Meinungsänderungen dar.
Wilmotte gehört zu einer Generation von ausländischen Forschern, die in Deutschland studiert und Deutsch gelernt hatten. In den Jahren vor 1914 hielt Wilmotte sogar romanistische Vorträge auf Deutsch (so in Winterthur und Sofia)35, wenn das Publikum nicht genügend Französisch verstand. Seine wichtigsten deutschen Ansprechpartner waren seine Lehrer, und er blieb auch noch ihr „Schüler“, als er selbst längst ein gestandener Ordinarius war. Während er sich um sie bemühte, ist Derartiges von Ihnen nicht überliefert. Sie stehen damit stellvertretend für eine ganze Generation deutscher Romanisten, die es versäumten, Brückenbauer zwischen Deutschland und der Romania, insbesondere der frankophonen Romania, zu sein, nationalistischer Einseitigkeit im eigenen Land zu widersprechen und die von dort stammenden, ein Stück weit deutsch sozialisierten Schüler und Kollegen langfristig an Deutschland und die deutsche Romanistik zu binden.
Die romanistischen „Deutschlandstudenten“, wie wir sie einmal nennen wollen, verfolgten auch nach der Rückkehr in ihre Heimatländer deutsche Forschungsleistungen, da sie sie im Original lesen konnten, rezensierten sie und pflegten mannigfache Kontakte mit deutschsprachigen Wissenschaftlen. Doch der Austausch erlitt mit Ausbruch des Ersten Weltkriegs schwere Rückschläge, woran die deutsche Professorenschaft eine große Mitschuld trug. Aufschlussreich für die Haltung selbst liberal gesinnter Professoren ist der „Aufruf an die Kulturwelt“ vom 4. Oktober 1914, der von 93 Professoren unterzeichnet wurde, deren Zahl später auf ca. 3000 anschwoll („Erklärung der Hochschullehrer des Deutschen Reiches“, 23.10.1914). Den „Aufruf“ hatten zwei Romanisten, von denen man es nicht erwarten würde, mit unterzeichnet: der in Berlin lehrende Schweizer Heinrich Morf, und der in München tätige Karl Vossler, bekannt für seine Liberalität und Weltoffenheit. Unter der „Erklärung“ stehen neunzehn weitere romanistische Namen: Wendelin Foerster (Bonn), Carl Appel (Breslau), Hanns Heiss (Dresden), Julius Pirson (Erlangen), Matthias Friedwagner (Frankfurt a.M.), Emil Levy (Freiburg i. Br.), Dietrich Behrens (Gießen), Edmund Stengel (Greifswald), Karl Voretzsch (Halle), Bernhard Schädel (Hamburg), Fritz Neumann (Heidelberg), Heinrich Gelzer (Jena), Alfred Pillet (Königsberg), Adolf Birch-Hirschfeld (Leipzig), Kurt Glaser und Eduard Wechßler (Marburg), Leo Jordan (HH München), Hugo Andresen (Münster) und Oscar Schultz-Gora (Straßburg). Auch wenn sich die Texte beider Aufrufe unterscheiden, war doch ihre Tendenz identisch: Die deutsche Aggression wurde geleugnet, die Friedensliebe Kaiser Wilhelms II. betont, die Beachtung des Völkerrechts unterstrichen, der Einmarsch in Belgien gerechtfertigt.
Insbesondere die drei Belgien betreffenden Absätze des „Aufrufs“ dürften Wilmotte empört haben.36 In seinen leider nur bruchstückhaft überlieferten Memoiren beginnt das Kapitel „Mon premier exode“ lakonisch und doch sprechend: „Les deux exodes que m’infligea l’agression allemande contre un petit peuple mal préparé à une lutte inégale, ne devaient guère se ressembler. En 1914, j’avais cinquante-trois ans et une vigueur, sinon physique, du moins intellectuelle que mes soixante-dix-huit années, coïncidant avec la troisième guerre franco-allemande, ne pouvaient manifester“ (93). Man darf aus diesen Zeilen auf eine tiefe Verletzung schließen, auf Enttäuschung darüber, dass das einst geachtete Deutschland dreimal einen Krieg mit den westlichen Nachbarn angezettelt hatte und dabei auch auf die Zustimmung der Mehrheit seiner geistigen Repräsentanten, der Professoren, Künstler und Schriftsteller, zählen konnte.
Was 1914 an Vertrauen zerstört wurde, konnte in den Jahren zwischen den Kriegen nur mühsam ausgeglichen werden, und da sich die Situation nach 1939 wiederholte, bewirkten diese Ereignisse eine bis heute nicht wirklich überwundene Isolation der deutschsprachigen Romanistik besonders in Frankreich, Belgien, aber auch den Niederlanden und den skandinavischen Ländern. Deutsch ist in der Romania keine Wissenschaftssprache mehr, die romanistische Mediävistik, einst eine deutsche Königsdisziplin, ist an den deutschen Universitäten marginalisiert, will man nicht gar von ihrem völligen Untergang sprechen.37
Anhang unveröffentlichter Briefe38
I.
Liège, le 14 octobre 1885
Monsieur et maître,
J’aurais répondu plus vite à l’envoi que vous m’avez fait et vous aurais dit l’intérêt que je prenais à cet acte de piété envers la mémoire d’un confrère dont vous venez de vous honorer, si je n’avais été retenu par des préoccupations très sérieuses et assez imprévues. Maintenant ces préoccupations n’existent plus; ce que l’on m’avait fait espérer s’est enfin réalisé, et je suis chargé d’un cours de philologie romane à l’Ecole Normale des Humanités. Cette école est organisée sur le modèle de celle de Paris; elle a le même corps professoral que l’Université, on y prépare, par un séjour et des travaux de quatre années, les jeunes gens au professorat du gymnase, ou, comme nous disons, de l’athénée. J’aurai à leur enseigner les éléments de l’ancienne langue française avec la métrique et leur donnerai en outre quelques notions sur l’ensemble des études romanes. [2] Je sens bien tout ce que j’ai à acquérir encore pour ne pas être au dessous de ma tâche, mais j’ai encore présentes à l’esprit les bonnes leçons et la méthode si solide de l’Université de Halle et de celle de Berlin. Je tâcherai de me rémémorer aussi l’art de mes maîtres de Paris et de ne pas trop décevoir mes auditeurs. A l’occasion, je ne manquerai pas d’avoir recours à vos conseils, et déjà aujourd’hui je viens vous en demander un.
J’ai l’intention de faire à l’Université, d’ici à un an, des leçons libres sur un sujet spécial de mes études sur les dialectes wallons et picards, leur littérature et leur caractéristique par exemple. Seulement, n’ayant aucun titre officiel, puisque l’organisation de notre enseignement ne permet pas d’en délivrer chez nous, je me suis souvenu d’une offre que m’avait fait M. Foerster, de Bonn. Il m’avait proposé d’être son assistant et son lecteur français à l’Université où il enseigne et m’avait promis de m’aider à me habiliter, dans l’année, pour le professorat. Si je puis me habiliter à Bonn, je le puis aussi à Halle, et, en ce cas, je serai bien heureux d’obtenir votre appui, votre patronage, en même temps que d’apprendre de vous, Monsieur et maître, les conditions auxquelles je puis me soumettre à cette épreuve. Vous savez que j’ai le titre de docteur en philosophie de l’Université de Liège; mais ce titre est-il valable en Allemagne, je ne le sais. De plus, mon travail serait rédigé en français, les règlements le permettent-ils? Comme sujet de habilitationsschrift, j’ai l’intention, le cas échéant, de choisir le mss Canonici 74, son dialecte et l’étude du dialecte liégeois jusqu’au 15e siècle. Je publierais en même temps un certain nombre de chartes du treizième siècle dont [3] j’ai pris copie en ces derniers temps. Ce sujet pourrait-il vous agréer, ainsi qu’à la faculté de philosophie de l’Université de Halle? Je ne puis affirmer enfin que je sois au courant de toutes les publications que le mss Canonici 74 a occasionées. Je connais les Rapports et le Recueil d’anciens textes de M. Meyer, avec les fragments qu’ils contiennent; je possède également les deux textes édités par M. de Feilitzen39, mais les autres parties du mss me sont encore inconnues, et je serai heureux d’apprendre de votre érudition si sûre les autres travaux auxquels ce mss a donné lieu.40
Je ne sais comment m’excuser, Monsieur et maître, de mon importunité et de la nouvelle demande de service que je vous fais. Je vous prie encore une fois de croire à mes sentiments les meilleurs de reconnaissance et de dévouement.
MWilmotte
P.S. Serez-vous assez aimable pour communiquer la nouvelle de ma nomination à Mons. le professeur Gosche et à sa famille, en leur portant, de ma part, l’expression de mon bon souvenir? Mes respects à Madame Suchier.
II.
Liège, 8 novembre 1885.
Monsieur et cher Maître,
je vois clairement par votre excellente lettre, à laquelle je n’ai pu répondre plus tôt à cause des nombreuses occupations que me crée ma nouvelle tâche, que mon projet d’aller à Halle et d’y demander à la Faculté de philosophie un titre officiel pour mes études romanes rencontrera certaines difficultés, sinon une impossibilité absolue. Je vous ai dit pourquoi je désirais ce titre; j’ai l’intention d’ouvrir prochainement un cours à l’Université; or, pour cela, il serait désirable que mes nouveaux collègues eussent un témoignage valable de la préparation sérieuse du nouveau professer, une preuve des études spéciales qu’il a faites. Cette preuve, le Habilitationsschrift, accepté par une faculté allemande, la donnerait assurément.
On tient chez nous à grand honneur et non sans raison tout titre conféré par un établissement d’instruction [2] germanique, à plus forte raison par une université aussi importante que celle de Halle. De là à abandonner ma fonction à Liège, il y a loin, vous le voyez. Mon projet était, il est encore, sauf impossibilité absolue, d’envoyer un travail, celui dont je vous ai entretenu, à la faculté de philosophie, de lui demander son approbation ou plutôt la vôtre. Si je l’obtiens, je n’aurai plus qu’à me soumettre aux autres formalités, c’est-à-dire au Colloquium et à la leçon publique, qu’il me serait bien agréable de faire en français. Mais une fois cela fait, et le temps nécessaire donné à cette affaire, ne me serait-il pas loisible de renoncer à utiliser en Allemagne le titre que j’aurais acquis? Vous comprenez fort bien que j’ai toujours eu l’intention de rester à Liège, de m’y fixer, et que je ne veux demander à l’Université de Halle, si elle consent à me l’accorder, qu’un parchemin, qui prouve à mes collègues de Liège que je ne leur suis pas trop inférieur en qualité. Il n’y a donc de ma part aucune intention de tirer profit en Allemagne de la dignité, si vous voulez que je la nomme ainsi, que me conférerait l’assentiment de la faculté de Halle –
J’avais lieu d’espérer que celle-ci se montrerait moins „streng“ pour l’accomplissement d’une pure [3] formalité. Je connais plusieurs de ses membres, sans parler de vous, Monsieur et maître, qui m’avez déjà témoigné tant de sympathie. MM. Dümmler, Gosche, Schum, Heydemann41 seront certainement indulgents pour le jeune homme étranger qu’ils ont connu et même assez pratiqué l’hiver dernier. Voilà ma force, ce qui me fait encore espérer, que ce projet ne doit pas échouer faute de moyens. Vous-même et les messieurs ayant la bonté d’introduire ma demande, il y a grand’ chance qu’elle soit favorablement entendue. S’il m’est impossible d’obtenir l’approbation de la faculté dans ces circonstances, c’est-à-dire pour ne pas pratiquer en Allemange, je n’en conserverai pas moins le meilleur souvenir de la bienveillance qu’on m’a toujours montrée chez vous, et particulièrement de l’intérêt que vous avez pris à mes études – et que vous ne cessez de me montrer.
Agréez, Monsieur et cher maître, tous mes remerciements anticipés pour le nouveau service que je vous demande et croyez aux sentiments bien dévoués de votre ancien élève
M Wilmotte
P.S. Mes respects à Mme Suchier et une petite caresse à Hildegunde – sans oublier l’excellente famille Gosche –
III.
Liège, 23/4/87
Mon cher maître et ami,
Vous aurez peut-être appris que plusieurs gens d’étude et professeurs de Paris et d’autres lieux allaient fonder à Paris, chez Picard une revue mensuelle, le Moyen-âge, revue de comptes-rendus, de variétés et de bibliographie méthodique. Cette bibliographie consistera surtout dans le dépouillement de tous les périodiques du monde pour les études du Moyen-age, art, littératures, langues, histoire et institutions.
Je fais partie du groupe qui crée cette revue, ainsi que M. Marignan, et j’ai songé à vous, pour une collaboration, si faible et si modeste quelle soit, dans nos premiers numéros. J’espère que vous consentirez, [2] ainsi que M. Tobler, à laisser inscrire votre nom à côté de MM. Paris, Meyer, Gaidoz, Monod,42 etc. qui patronnent également notre entreprise. Un simple compte-rendu, une variété sur le sujet qui vous agréera le plus, mettrait le comble à notre satisfaction, et vous ne pouvez plus invoquer votre qualité d’étranger, peu familier avec la rédaction française, depuis que vous avez fait si brillamment vos preuves dans la préface de Beaumanoir.43
Encore un petit service. Je sais vos relations cordiales avec M. R. Köhler44, de Weimar. Je sais aussi qu’il a consenti à maintes reprises, à écrire de petites notices pour nos revue en l. française. Si vous vouliez me donner un mot de recommandation pour lui ou lui écrire deux lignes en notre faveur, je suis sûr qu’il nous rendrait le même service que j’attends de votre bonté.
A bientôt les épreuves de mon étude sur le wallon du xiiie siècle, dont la composition avance lentement et merci encore pour vos bonnes et consolantes paroles, après la perte si cruelle que j’ai faite.45
Je vous suis dévoué de cœur et vous prie de croire à mes sentiments d’amitié respectueuse.
Mes souvenirs à Madame Suchier et aux petits.
M Wilmotte
IV.
Liège, Mont St Martin, 7.
———
Le 15 mai 1887.
Monsieur le professeur,
Vous avez bien voulu nous encourager, Mr Marignan et moi, dans la publication de notre bulletin critique du Moyen-âge, et nous promettre votre concours. Il est un service très important que vous pourriez peut-être nous rendre et dont nous vous saurions le plus sérieux gré.
Votre Westdeutsche Zs publie le sommaire d’un grand nombre de périodiques allemands et étrangers de la région voisine du Rhin, depuis sa source jusqu’à son embouchure. Il nous sera presqu’impossible de nous procurer tous les périodiques, la pluspart locaux et absents des grandes bibliothèques parisiennes.
Ne pourriez-vous nous envoyer une épreuve des feuilles consacrées au dépouillement des seules revues suisses et allemandes (Alsace-Lorraine comprise), épreuve sur laquelle vous [2] souligneriez au crayon ou à l’encre rouge les titres des articles consacrés à des points d’histoire du Moyen-âge en tout ou en partie? Peut-être même pousseriez-vous la complaisance jusqu’à écrire en marge à l’occasion des articles développés un seul mot d’appréciation, favorable ou défavorable, qui, placé entre crochets, aurait une réelle valeur pour les abonnés de notre bulletin. Je me charge naturellement de traduire les tites, s’il y a lieu, et les appréciations aussi. Quant à la date à laquelle cette épreuve pourrait nous être envoyée, nous vous laissons juge absolu pour la déterminer.
Voyez, Monsieur, si vous pouvez rendre à M. Marignan et à notre revue le petit service périodique en question, ou si vous préférez confier ce soin à un de vos collaborateurs. Quelle que soit votre décision à ce sujet, croyez bien à nos sentiments de gratitude et à notre commun dévouement
M. Wilmotte
P.S. Mr Marignan vous adresse tous ses vœux, qu’il me charge de vous transmettre.
V.
liége – 1905
CONGRÈS INTERNATIONALpour
L’EXTENSION ET LA CULTUREde la langue française Liége, le 30 janvier 1905.
Mon cher maître & ami,
Voilà un congrès qui ne peut vous laisser indifférent. Il s’agit, dans notre pensée, d’une entreprise exclusivement scientifique, et c’est ce qui m’a encouragé à m’adresser à vous. Le Congrès dont on m’a confié la présidence provisoire, comprend 4 sections, 1) littéraire, avec M. Anatole France à sa tête. 2) historico-philologique 3) pédagogique 4) sociale. Pour la 2e section, j’ai pensé à vous et à votre collaboration. Je voudrais que l’Allemagne fût représentée dans le comité de cette section, comme elle l’est dans tant de groupements où il y a des majorités françaises (la société amicale Gaston Paris, et inversement comme la France l’est dans la société de Vollmöller) et si elle doit l’être, que ce fût par vous! La section aura un président, M Paul Meyer, et 4 vice-présidents, 2 français et 2 étrangers. Les noms sur lesquels on s’est mis d’accord sont ici: M. Brunot et Clédat, vous et M. Nyrop.46 Les conseillers seront Wahlund, Van Hamel, Novati, Matzke; Thomas, Gilliéron et Jeanroy.47 Voilà un bel état-major. Quant au Congrès, il se tiendra à Liège les 10, 11 et 12 septembre 1905, à l’occasion de l’exposition universelle. Vous y viendrez, j’espère, et nous pourrons, enfin, nous serrer la main comme au bon temps de mes Lehr- und Wanderjahre.
Croyez-moi, cher maître et ami, affectueusement à vous
M Wilmotte
Liège, 22 rue Raikem
VI.
rue de pavie, 40
bruxelles
———
Madame
J’ai reçu et lu avec la plus douloureuse surprise l’annonce de la mort de Mr. H. Suchier. Je n’oublierai jamais qu’il a été mon maître et qu’il m’a prodigué les témoignages de son affectueuse sympathie. A Halle, dans son cabinet de travail, où je fus admis, je trouvai des avis et des encouragements également précieux, et certes, de tous les professeurs allemands dont j’ai suivi les cours, M. Suchier fut celui qui me laissa l’impression la plus profonde et la meilleure. Je le lui fis savoir à chaque occasion, bien rare, où je fus en rapport avec lui, et quand je collaborai à ses „Mélanges“, je mis une sorte de coquetterie à m’y appliquer à un travail se rapprochant, et [2] par la méthode exigée et par la matière même, de l’ordre de préoccupations qui lui était surtout familier.
Ce que j’ai goûté particulièrement en le défunt maître, c’est cette largeur d’esprit qui lui a valu tant et de si sincères amitiés en France, qui lui a permis de collaborer à bien des recueils français, sans cesser pour cela d’être fidèle à sa race et ferme dans son patriotisme.
Je compte publier quelques pages sur l’œuvre de M. H. Suchier; en attendant permettez-moi, Madame, de déposer à vos pieds l’hommage de mes sentiments respectueux, avec mes plus vives condoléances
Prof. Dr M Wilmotte
Le 7 juillet 1914.
Willi Hirdt, Hrsg. in Zusammenarbeit mit Richard Baum und Birgit Tappert, Romanistik: eine Bonner Erfindung, Teil I, Darstellung; Teil II, Dokumentation, Academica Bonnensia 8, 1–2 (Bonn: Bouvier, 1993).↩
Ursula Bähler, Gaston Paris et la philologie romane: avec une réimpression de la Bibliographie des travaux de Gaston Paris publiée par Joseph Bédier, Publications romanes et françaises 234 (Genève: Droz, 2004).↩
Zu seiner Biographie vgl. den ausführlichen Nekrolog von Gustave Charlier, Revue belge de philologie et d’histoire 21 (1942): 692–701; Rita Lejeune, in Biographie Nationale de Belgique 43, Suppl. 15 (1983–84), 765–83. – Zur Orientierung seien die wichtigsten Stationen seines Lebens mitgeteilt: Er wurde in Lüttich als einziger Sohn eines Kupferschmiedes und einer Beamtentochter geboren, die ihn früh mit der französischen Literatur, vor allem Voltaire, vertraut machte. Er besuchte das Athénée Royal seiner Vaterstadt, studierte dort ein Jahr Jura sowie zwei Jahre Philosophie et Lettres, ging dann zunächst nach Paris, später nach Deutschland und wurde 1890/91 in Lüttich zum ersten belgischen Romanistikprofessor ernannt. Er gehörte zu den Gründungsmitgliedern der belgischen Académie royale de Langue et de Littératures françaises. Er war nicht nur ein vorzüglicher Wissenschaftler, der die wallonische Dialektologie begründete, sondern auch ein interessierter und gelegentlich streitbarer Intellektueller, der sich in öffentlichen Fragen deutlich positionierte, weshalb man ihm nicht nur Sympathie entgegenbrachte. Weitere bio-bibliographische Hinweise liefern Jean-Marie Pierret und Pierre Swiggers, „Une lettre de Maurice Wilmotte à Hugo Schuchardt“, RLiR 57 (1993): 59–65, hier Anm. 1.↩
Paris: Armand Colin. – Wilmotte bespricht u.a. die flämische, die wallonische (dialektale) und die französische Literatur Belgiens und untersucht ihre Rolle für die Identität des Landes und seiner Bewohner. Über den Einfluss des Französischen lesen wir z.B.: „L’influence française, voilà le grand facteur des mésintelligences passées et présentes en Belgique. Déjà les philosophes du xviiie siècle inculquent à ce pays des manières de penser, de théoriser sur tout, qui devaient plaire aux âmes plus latines de la terre wallonne, tandis qu’elles effarouchaient les âmes moins préparées, et différemment trempées, de la terre flamande. Les descendants de Marnix et des gueux de mer, grands seigneurs très empesés de ton et de mode, devaient se montrer plus rebelles aux charmes de la culture du Midi, à ce scepticisme fleuri et souriant, parfois à ce matérialisme élégant des livres français, que ne le furent les abbés liégeois, à demi voltairiens de philosophie et de vie intime“, Wilmotte, La Belgique morale et politique, 191.↩
Zit. nach BN de Belgique 42 (Suppl. 15), 773.↩
Frz. Wikipedia bezeichnet ihn als „fondateur de l’École wallonne de philologie romane de l’Université de Liège“, https://fr.wikipedia.org/wiki/Maurice_Wilmotte, zuletzt am 22.4.2016.↩
Maurice Wilmotte, L’Enseigenement de la philologie romane à Paris et en Allemagne (1883–1885): Rapport à M. le Ministre de l’Intérieur et de l’Instruction publique (Bruxelles: Imprimerie Polleunis, Ceuterick & Lefébure, 1886).↩
Wilmotte, Mes Mémoires (Bruxelles: La Renaissance du livre, 1948).↩
NL Hermann Suchier: Wilmotte, Maurice, Berlin, SBBK Handschriftenabt. Es handelt sich insgesamt um 65 Briefe und Postkarten aus den Jahren 1885–1910.↩
Wilmotte, Mes Mémoires, 41.↩
Vgl. auch dessen Briefe an Wilhelm Vöge im Wilhelm-Vöge-Archiv, Kunstgesch. Sem. d. Univ. Freiburg i.Br., bzw. an Karl Lamprecht in der Universitäts- und Landesbibliothek Bonn, Nachlass Karl Lamprecht, Visual Library.↩
Noch aus Berlin hatte Wilmotte Suchier im Februar 1885 geschrieben: „J’ai collationné plusieurs des chartes déjà publiées de Liège au xiiie siècle et j’ai pu m’assurer de l’inexactitude des éditeurs; j’ai en outre copié ou étudié une trentaine de chartes liégeoises, encore inédites, aux archives de la province; je m’en suis procuré d’autres pour le Hainaut et Namur; j’espère bientôt en posséder une collection complète du xiiie siècle pour toute la Belgique. Inutile de vous dire que mes copies sont à votre disposition et que vous n’avez qu’un mot à m’écrire pour en recevoir un certain nombre que j’ai déjà préparées pour vous“. Die Suche in belgischen Archiven dürfte in den Semesterferien stattgefunden haben.↩
Vgl. Gaston Paris und Joseph Bédier, Correspondance, hrsg. von Ursula Bähler und Alain Corbellari, L’Europe des Philologues, Correspondances 1 (Florenz: Edizioni del Galluzzo per la Fondazione Ezio Franceschini, 2009), bes. 18–27,↩
Li dialoge Gregoire lo pape, erstmals hrsg. von Wendelin Förster, Teil 1, textes (Halle und Paris, 1876).↩
„Je ne puis trop louer les résultats, sans doute partiels, obtenus en ces dernières années, par le maître de Halle, M. Suchier, et ses élèves, dans une série de dissertations qui constituent une vaste et laborieuse enquête dialectologique, et dont lui-même a donné le modèle dans son étude sur Saint-Léger. La seule critique que l’on puisse adresser à cette école, c’est, me semble-t-il, l’insuffisance de ses moyens d’information, qui condamne à se servir de documents ne méritant parfois qu’une créance assez faible“, Wilmotte, „Etudes de dialectologie wallonne“, Romania 17 (1888): 542–90, hier 545–6.↩
Omer Jodogne, „Maurice Wilmotte et ses travaux de dialectologie wallonne (d’après ses lettres à Gaston Paris)“, Bulletin de la Commission Royale de Toponymie & Dialectologie 41 (1967): 57–80; Omer Jodogne, „Maurice Wilmotte et son enseignement à Liège (d’après ses lettres à Gaston Paris)“, Marche Romane 17 (1967): 103–10.↩
Karl Voretzsch, Das Romanische Seminar der vereinigten Friedrichs-Universität Halle-Wittenberg im ersten Halbjahrhundert seines Bestehens (Halle und Saale, 1926), 6.↩
Wilmotte an Suchier, 21.10.1889, „M. Doutrepont vient de Florence, où il a passé une partie de l’hiver dernier et de Paris où il a été l’élève de Gaston Paris et de Paul Meyer. C’est évidemment à ces maîtres et à son propre travail qu’il doit la meilleure part de ce qu’il sait. Il a été, enfin, pendant trois ans à l’Ecole Normale sous ma direction avant son départ pour l’étranger, et, si modeste qu’ait été mon influence scientifique sur lui je crois pouvoir revendiquer une parcelle du goût qui lui a été inculqué pour nos études. M. Doutrepont n’est plus un étudiant; il a derrière lui un Recueil de Noëls wallons publiés dans la R. des Patois G.-Romans et une bonne thèse (manuscrite) sur la phonétique des Dialogues du Pape Grégoire“. – Wilmotte an Suchier, 5.2.1890, „M. Doutrepont continue, sans doute, à vous satisfaire; je ne puis que vous répéter le bien que je vous en ai déjà dit. Quant à lui il est à très juste titre enchanté de son séjour à Halle. Vous lui rendrez un très grand service en le poussant de plus en plus vers l’étude des langues du Midi. Il leur devra, s’il le veut, une situation tout-à-fait exceptionnelle dans notre petit groupe de travailleurs belges, où ces langues sont négligées unanimement“. – Doutrepont (1865–1929) war nach der Agrégation nach Florenz gegangen, wo er bei Pio Rajna und Matteo Giulio Bertoni studiert hatte. Er übte das Lektorat im akademischen Jahr 1889/90 aus. Danach wurde er in Lüttich Romanistikordinarius; vgl. den Nekrolog von Maurice Delbouille, Revue belge de philologie et d’histoire 8 (1929): 1093–4.↩
Bruder des vorigen, Lektor im akademischen Jahr 1890–91; später hatte er romanistische Professuren in Fribourg, Löwen und Paris inne, vgl. den Nekrolog von Robert Guiette, Revue belge de philologie et d’histoire 20 (1941): 844–9.↩
Lebensdaten nicht ermittelt. Er war von 1892 bis Herbst 1901 Lektor in Halle, danach bis 1937 in München, vgl. Stefanie Seidel-Vollmann, Die romanische Philologie an der Universität München (1826–1913): zur Geschichte einer Disziplin in ihrer Aufbauzeit, Ludovico Maximilianea, Forschungen 8 (Berlin: Duncker & Humblot, 1977), 228 u. 244. Wilmotte stellt ihn Suchier auf einer Postkarte vom 2.5.1892 wie folgt vor: „Vous m’avez fait espérer que pour la 3e fois un de mes élèves deviendrait votre lecteur en 1882/83. Permettez-moi de vous recommander tout particulièrement M. J. Simon. Vous aurez lu son travail des Mélanges Wallons. Sa thèse sur „les Trouvères belges“, la critique de leurs mss. est tout un volume et lui a voulu un prix du Gouvernement. Du plus il sait à fond l’allemand, l’écrit et le parle. Il a subi l’examen sur le moyen h. allemand à Liège et poursuivi des études à la fois romanes et germaniques (gothique, etc.) à Paris, à l’École des Htes Études où il est depuis le début de l’hiver“.↩
Wilmotte an Suchier, 26.10.1901, „M. Counson (pas Coh(e)nson, car il est de religion catholique) a dû vous écrire, je crois qu’il ferait très bien votre l’affaire“ – Counson war von Ostern 1902 bis Herbst 1907 Lektor; vgl. den Nachruf von Paul Faider, Revue Belge de Philologie et d’Histoire 12 (1933): 1484–8.↩
Brief vom 10.7.1907.↩
„Membres du congrès“ und „Mercredi 13 septembre 1905: l’Excursion à Malmédy“, in Congrès international pour l’extension et la culture de la langue française: première session Liège, 10–14 Septembre 1905 (Bruxelles: P. Weissenbruch und Genève: A. Jullien, 1906), 5–19, 82–8; am Schluss Table des matières, jeder Beitrag ist einzeln nummeriert.↩
Le Moyen Age: Bulletin d’histoire et de philologie 1 (1888): letzte, nicht nummerierte Seite. Hier werden zunächst die Ziele der Zeitschrift benannt: „Le Moyen Age entend fournir à ceux qui s’occupent de notre passé le moyen facile et peu coûteux de se tenir au courant, en ce qui concerne l’objet propre de leurs études, du mouvement général de la science. Aussitôt après l’apparition d’un livre ou d’un article de revue, sur un point quelconque de l’Europe, il s’efforcera d’en porter le contenu à la connaissance de ses lecteur“. Am Schluss der Seite werden die „principaux collaborateurs et correspondants“ genannt. An Deutschen finden sich Heinrich Detmer (Münster), Ernst Ludwig Dümmler (Halle), Karl Frey (Berlin), N.N. Hansen (Münster), Robert Hoeniger (Berlin), Otto Koehler (Weimar), Wilhelm Lamey (Karlsruhe), Karl Lamprecht (Bonn), E. Markwald (Straßburg), Curt Mündel (Straßburg), Friedrich Otto (Wiesbaden), Hermann Suchier (Halle), Adolf Tobler (Berlin); aus Österreich-Ungarn Bloch (Buda-Pest), Lorenz Englmann (Wien), Urban Jarník (Prag), Adolf Mussafia (Wien), Theodor von Sickel (Wien), Ludwig (Lajos) von Thalloczy (Wien). Die Schweiz ist nicht vertreten.↩
Alain Marchandisse, „Le Moyen Âge, une revue d’histoire et de philologie à la fois centenaire et en prise avec le futur“, Discussion 3 (2010): 1–22.↩
Bd. I (1890), 1892, 347–62.↩
Marie-Thérèse Bitsch, La Belgique entre la France et l’Allemagne 1905–1914, Histoire de la France aux xixe et xxe siécles 48 (Paris: Publications de la Sorbonne, 1994), 560, bes. 395–96.↩
Die Commission académique der Universität Lüttich lehnte am 19. Juli 1926 den Vorschlag des Unterrichtsministeriums ab, den Boykott deutscher Wissenschaftler aufzuheben. Wilmotte, der nicht grundsätzlich gegen die Wiederaufnahme der Wissenschaftsbeziehungen war, argumentierte, es sei noch zu früh für einen derartigen Schritt. Erst 1929 normalisieren sich die Beziehungen, und zum ersten Mal seit 1914 schrieb sich wieder ein deutscher Student in Lüttich ein. Vgl. dazu Christoph Brüll, „Le poids d’août 1914 dans les relations belgo-allemandes“, Bulletin du CLHAM 137 (2014): 31–9, hier 31.↩
Beyen, „Eine lateinische Vorhut“, bes. 354–8, 362–4.↩
Wilmotte, Le Wallon: Histoire et littérature des origines à la fin du xviième siècle (Bruxelles: Rozèz, 1893), 114.↩
Beyen, „Eine lateinische Vorhut“, 356, gestützt auf: Nos dialectes et l’histoire (Paris: Droz, 1935), 13.↩
Germanisches Volkserbe in Wallonien und Nordfrankreich: die fränkische Landnahme in Frankreich und den Niederlanden und die Bildung der westlichen Sprachgrenze, 2 Halbbde. (Bonn: Röhrscheid, 1937).↩
Ernst Gamillscheg, Romania Germanica: Sprach- u. Siedlungsgeschichte der Germanen auf dem Boden des alten Römerreiches, 3 Bde. (Berlin: de Gruyter, 1934–6).↩
Le Moyen Age (1938): 66–74.↩
Wilmotte, Mes mémoires, 75–6, 81.↩
„Es ist nicht wahr, daß wir freventlich die Neutralität Belgiens verletzt haben. Nachweislich waren Frankreich und England zu ihrer Verletzung entschlossen. Nachweislich war Belgien damit einverstanden. Selbstvernichtung wäre es gewesen, ihnen nicht zuvorzukommen. Es ist nicht wahr, daß eines einzigen belgischen Bürgers Leben und Eigentum von unseren Soldaten angetastet worden ist, ohne daß die bitterste Notwehr es gebot. Denn wieder und immer wieder, allen Mahnungen zum Trotz, hat die Bevölkerung sie aus dem Hinterhalt beschossen, Verwundete verstümmelt, Ärzte bei der Ausübung ihres Samariterwerkes ermordet. Man kann nicht niederträchtiger fälschen, als wenn man die Verbrechen dieser Meuchelmörder verschweigt, um die gerechte Strafe, die sie erlitten haben, den Deutschen zum Verbrechen zu machen. Es ist nicht wahr, daß unsere Truppen brutal gegen Löwen gewütet haben. An einer rasenden Einwohnerschaft, die sie im Quartier heimtückisch überfiel, haben sie durch Beschießung eines Teils der Stadt schweren Herzens Vergeltung üben müssen. Der größte Teil von Löwen ist erhalten geblieben. Das berühmte Rathaus steht gänzlich unversehrt. Mit Selbstaufopferung haben unsere Soldaten es vor den Flammen bewahrt. – Sollten in diesem furchtbaren Kriege Kunstwerke zerstört worden sein oder noch zerstört werden, so würde jeder Deutsche es beklagen. Aber so wenig wir uns in der Liebe zur Kunst von irgend jemand übertreffen lassen, so entschieden lehnen wir es ab, die Erhaltung eines Kunstwerks mit einer deutschen Niederlage zu erkaufen“, An die Kulturwelt: ein Aufruf, zit. nach Jürgen und Wolfgang von Ungern-Sternberg, Der Aufruf „An die Kulturwelt!“: das Manifest der 93 und die Anfänge der Kriegspropaganda im Ersten Weltkrieg: mit einer Dokumentation (Stuttgart: Steiner, 1996), 144–5.↩
Ich danke Wolfgang Asholt (Osnabrück / Münster) und Martin Vialon (Oldenburg) für kritische Lektüre und weiterführende Hinweise.↩
Die Originale der Briefe I, II, III, V und VI befinden sich in Berlin, SBPK NL Hermann Suchier, das von Brief IV in Bonn, ULB NL Karl Lamprecht, Visual Library. Ich danke den Direktionen beider Bibliotheken für die Abdrucksgenehmigung.↩
Hugo von Feilitzen, Li vers del juïse: en fornfransk predikan (Uppsala: Berling, 1883).↩
Es handelt sich um ms. Oxford Bodl. Canonici Misc. 74.↩
Ernst Ludwig Dümmler, Mittelalterliche Geschichte; Richard Gosche, Orientalistik; Wilhelm Schum, Mittelalterliche Geschichte und historische Hilfswissenschaften; Heinrich Heydemann, Klassische Archäologie.↩
Gaston Paris, Paul Meyer, Henri Gaidoz, Gabriel Monod.↩
Œuvres poétiques de Philippe de Remi, Sire de Beaumanoir, hrsg. von Hermann Suchier, 2 Bde. (Paris: Firmin-Didot, 1884–5).↩
Reinhold Köhler (1830–1892), seit 1881 Leiter der Herzoglichen Bibliothek in Weimar.↩
Tod seiner Mutter, Adélaïde Wilmotte née Thonnar.↩
Ferdinand Brunot, Sorbonne; Léon Clédat, Lyon; Kristoffer Nyrop, Kopenhagen.↩
Carl Wahlund, Uppsala; Anton Gerard Van Hamel, Groningen; Francesco Novati, Mailand; John Ernst Matzke, Stanford; Antoine Thomas, Sorbonne; Jules Gilliéron, Sorbonne; Alfred Jeanroy, Toulouse.↩
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