Vom Kritiker zum Enthusiasten: Voltaires Rezeption des ‚Orlando furioso‘

Christian Rivoletti

Abstract


Friedrich Schlegels Sicht auf den Orlando furioso kann als Endpunkt eines Prozesses gesehen werden, dessen Anfänge zu Voltaire zurückverfolgt werden können. Vor diesem Hintergrund stellt der Beitrag den Wandel von Voltaires Werturteil über den Orlando furioso im Kontext einer schrittweisen Befreiung von den klassizistischen Vorurteilen auf dem Weg zu einem tieferen, auf neuen ästhetischen Prinzipien basierenden Verständnis von Ariosts Meisterwerk dar. Erweist sich Voltaire in seinem frühem Aufsatz Essay on Epic Poetry (1727) noch stark von den Vorwürfen der Dichtungstheoretiker des Grand Siècle gegenüber Ariost beeinflusst, kann seine kontinuierliche Bearbeitung bzw. wiederholte Revision dieser stark negativen Bewertung des Orlando als klares Zeichen der Unzufriedenheit mit der eigenen Ausgangsposition interpretiert werden. Diese kritische Auseinandersetzung steht zweifellos nicht nur in einem chronologischen Zusammenhang mit der Erfahrung eigener Autorschaft am Epos La Pucelle d’Orléans, für das Ariosts Text eine Vorbildfunktion hatte.

Abschließend werden erstmals im Rahmen einer eingehenden Analyse des Eintrags Epopée im Dictionnaire philosophique (1771) systematisch Voltaires ästhetische Kriterien für seine späteren Würdigung des Orlando und der Ariostschen Innovationen (Selbstironie, Einleitungen zu den Gesängen und Vermischung von Scherz und Ernst) erfasst.


Schlagworte


Ariosto, Ludovico; Voltaire; französische Aufklärung; Rezeption

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