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Topographie des Alltags: eine kulturwissenschaftliche Lektüre von Victor Klemperers Tagebüchern 1933-1945

Von Arvi Sepp

2017 | Fink (externe Seite)
Exemplar verfügbar: Ja

Sprache: Deutsch
Seiten: 531
ISBN: 978-3-7705-5437-9


Die Tagebücher, die der deutsch-jüdische Romanist Victor Klemperer zwischen 1933 und 1945 führte, bieten einen ganz besonders aufschlussreichen Einblick in das alltägliche Funktionieren der nationalsozialistischen Diktatur. Seine Aufzeichnungen stellen aber nicht nur ein beeindruckendes historisches Zeugnis dar, sondern nehmen eine spannungsvolle Zwischenstellung zwischen Literatur und Historiographie ein. Im Rahmen von Geschichte oftmals als authentisches Dokument wahrhaftiger Selbstäußerung betrachtet, von der Literaturwissenschaft dagegen als Objekt potentieller Fiktion verstanden, steht das Tagebuch stets auf der disziplinären Grenzscheide von Geschichts- und Literaturwissenschaft. Die Vielschichtigkeit der Klemperer-Tagebücher, die Persönliches und Zeitgeschichtliches ineinander verweben, erfordert eine feinmaschige, interdisziplinäre Annäherung. Untersucht werden vor diesem Hintergrund das deutsch-jüdische Selbstverständnis des Autors, die Formen und Funktionen seiner Tagebuchpraxis sowie seine Analyse der nationalsozialistischen Gesellschaft. Das Buch geht aus kulturwissenschaftlicher Perspektive der Frage nach, inwiefern Klemperers Notizen als Formen kultureller Selbstthematisierung, Fremdwahrnehmung und Geschichtsreflexion zu verstehen sind. Die Analyse weist nach, wie das kulturelle Wissen, die Normen, Werte, Diskurse und Mentalitäten, die sich in den Aufzeichnungen manifestieren, Aufschluss über die Wirklichkeitsvorstellungen des Autors geben. Die vorliegende Studie macht plausibel, wie das spezifische Leistungsvermögen von Victor Klemperers Tagebüchern in ihrer Pluriformität als zugleich philologisches Notizheft, historiographische Darstellung des Antisemitismus im NS-Alltag, privates Reflexionsmedium und persönliche Überlebenshilfe liegt.