Form und Leben zwischen Positivismus und Idealismus

Kai Nonnenmacher

1. Antipositivismus als Folie eines neuen Wissensbegriffs um 1900

Die traurigste Wirklichkeit ist immer noch tausendmal erquicklicher als die öde Afterphilosophie des Positivismus, die in der köstlichsten Gabe geistiger Freiheit nur Gesetz und Regel, nur Konvention und Knechtschaft findet.1

Neben Karl Vossler2 rechnete zu den Antipositivisten Anfang des 20. Jahrhunderts etwa Leo Spitzer3, Friedrich Gundolf und überhaupt der George-Kreis, Karl Viëtor, Paul Kluckhohn oder Oswald Spengler usf. Um 2000 finden wir zwar einerseits neue Verknüpfungen von Wissenschaftsgeschichte und Literaturwissenschaft4, andererseits lässt sich Positivismus wieder als Krise des erkennenden Subjekts erzählen: Michel Houellebecq stellte in Les Particules élémentaires (1998) die großen Naturwissenschaftler der Vergangenheit wie Max Planck – die Intellektuelle waren und einen Salon führten – dem modernen Biologen gegenüber, der in Turnschuhen vor der Gen-Lesemaschine sitzt und nicht weiß, was er da eigentlich im kulturellen Zusammenhang tut, eine entfremdete Wissenschaftspraxis mithin.5 Mit einer aktuellen Hermeneutik der Präsenz und einer kulturwissenschaftlichen Rehabilitation des Mythos-Begriffs ist aber durchaus eine Annäherung an die Tendenzen um 1900 erkennbar. Habermas nannte den Positivismus einmal das Ende der Erkenntnistheorie6 – Lebensphilosophie und Geistesgeschichte sind beide Reaktionen auf eine solche Einschätzung, wie Mommsen bereits am wilhelminischen Deutschland zeigt:

Die neueren Entwicklungen in Kunst und Literatur seit den 1880er Jahren wiesen in die Richtung einer zunehmenden Distanzierung von dem bürgerlichen Kulturbewußtsein des 19. Jahrhunderts, in dem Kultur und Wissenschaft dicht beieinander gelagert waren. in den radikalen Nebensträngen des kulturellen Diskurses […] bestand offene Gegnerschaft zur Wissenschaft und zum Prinzip der Rationalität des wissenschaftlichen Diskurses.7

Während in Frankreich Emile Zolas Experimentalroman zumindest theoretisch den Anspruch erhob, statt Imagination nun Observation zum poetologischen Prinzip zu erheben8 und statt eines realistischen Photographismus die inneren historischen, soziologischen und biologischen Gesetze einer ganzen Epoche kritisch im narrativen Labor zu überprüfen, kippt der Naturalismus auf komplexe Weise in eine „Renaissance des Idealismus“ am Ende des 19. Jahrhunderts, so ein Monographietitel zu dieser Tendenz in Frankreich von Schiano-Bennis9. Es kippen die Goncourt-Brüder vom lebensprallen Sozialroman in ihre „écriture artiste“ und morbide Verfallsbilder, der späte – nach Henri Mitterand „vierte“10 – Zola kippt ins sozialschwärmerische Prophetentum mit vitalistischen Romantiteln wie Fécondité (1899), die Idee eines „naturalisme spirituel“11 als Abkehr des Naturalisten Joris-Karl Huysmans von solchen Anschlüssen der Literatur markieren seine Konversion zu einem katholischen Fin de Siècle-Schreiben. Überall kippt die Gier nach wirklicher Wirklichkeit, nach ihrem „rohen Fleisch“12, in symbolistischen Ekel, elitären Rückzug, renouveau catholique, nervöse Verfeinerung. Henri Bergsons lebensphilosophische Konzeption des „élan vital“ versteht sich nun als einer logischen Erkenntnisform des Denkens entgegengesetzt:

Mais de là devrait résulter aussi que notre pensée, sous sa forme purement logique, est incapable de se représenter la vraie nature de la vie, la signification profonde du mouvement évolutif. Créée par la vie, dans des circonstances déterminées, pour agir sur des choses déterminées, comment embrasserait-elle la vie, dont elle n’est qu’une émanation ou un aspect?13

Jürgen Große zeigte in seiner Monographie über die Lebensphilosophie, dass eine Umorientierung auf das immanente, eigenmächtige Leben als Ganzheit bedeute, sich von Konzepten der Kontinuität wie „Geschichte, Fortschritt, Ich-Stabilisierung, Strukturzusammenhänge des Geistes“14 abzuwenden, deshalb war teilweise auch das Denken des Kontinuierlichen in Diltheys Argumentation nicht für Poetiken der Diskontinuität integrierbar. Das Erleben ist nicht mehr selbstverständlicher Ausgangspunkt der Überlegungen, sondern da es stets gefährdet ist, muss es in der Krisenstimmung um 1900 überhaupt erst herbeigeführt werden – Figuren des Bruchs sind die Folge, Rilkes Anthropologie in seiner achten Duineser Elegie liest sich als Diskontinuität von Objekt und Subjekt zugleich:

[…] Uns überfüllts. Wir ordnens. Es zerfällt.
Wir ordnens wieder und zerfallen selbst.15

Eine solche Entwicklung hat auch Konsequenzen für den Erkenntnisanspruch von Literatur. André Gide hat zu Beginn seines Romans Les Caves du Vatican (1914) eine Parodie auf den naturalistischen Versuchsleiter eingebaut, der mit den Figuren wie mit Ratten in einem experimentellen Setting umgeht: „Il travaillait sur la chair vive.“16 Der Roman selbst führt Kontingenzen, moralische Ambiguitäten, tragische Strukturen vor, immer wieder zerfallen Scheindeterminiertheiten, und im acte gratuit feiert der Mensch seine Freiheit. Gegenbewegungen zum literarischen Naturalismus sind also thematischer wie struktureller Art, thematisch als psychopathographische „Literatur der Existenz“17, strukturell etwa als Durchbrechen von narrativer Linearität im Lebensvollzug, des élan vital, so im surrealistischen Roman von Breton und Aragon.

Überhaupt kann man die Geschichte der Literatur seit dieser Zeit auch erzählen als Rückzug einer Erzählautorität. Insofern führt eine direkte Linie von Gustave Flauberts Poetik der Auslassung hin zu Alain Robbe-Grillet (wie letzterer auch immer in Abgrenzung zu Balzacs Poetik der Fülle behauptet hat): Gerade die naturalistische Degradierung von Figuren zur allegorischen Einkleidung ihres Programms wird in der autonomen Literatur aufgehoben: Rimbauds „poésie objective“, Stéphane Mallarmés „poème absolu“, Guillaume Apollinaires „orphisme“, die „parole in libertà“ der italienischen Futuristen um Marinetti, sie alle geben klassische Kategorien der Ästhetik wie Textkohärenz, organische Form auf, und damit auch die auktoriale Verfügung über das Wissen: Der Erzähler des Nouveau Roman wird genauso vor einem Rätsel stehen wie seine Leser, es gibt bei Robbe-Grillet miteinander ringende Erzählinstanzen, blinde Fenster und Sackgassen, Doppelagenten und einen Echoraum intertextueller Ähnlichkeiten. Zugleich inszeniert Literatur einen Überschuss des Wissens, wenn wir Flauberts epistemologisches Spätprojekt Bouvard et Pécuchet (1881 posthum erschienen) so lesen, in Skizzen zu seinem unvollendeten Buch notiert Flaubert: „Barbarie par l’excès de l’individualisme et le délire de la science.“ Die späteren phantastischen, fiktionalen Wissens-Enzyklopädien können wir aus solchen Stellen ableiten:

Tous les corps animés reçoivent et communiquent l’influence des astres. Propriété analogue à la vertu de l’aimant. En dirigeant cette force on peut guérir les malades, voilà le principe. La science, depuis Mesmer, s’est développée, mais il importe toujours de verser le fluide et de faire des passes qui, premièrement, doivent endormir.18

Die prekäre Wissenspoetik des 20. Jahrhunderts findet eine Frühform in der dynamistischen Selbstorganisation des Lebens, in der vitalistischen Eigendynamik angesichts eines zivilisatorisch entfremdeten Lebens, die um 1900 Erlebnis und Ausdruck von Leben der Literatur zuweist, statt um 1800 Kunst und Natur in Opposition zu setzen. Das Leben ist Rätsel und Geheimnis, aber als dessen lebendiger Teil versucht der Mensch, der Entfremdung zu entgehen.

Nicht nur für die Literatur selbst, auch für die mit ihr befasste Disziplin gilt dies: Die Konzeption einer idealistischen Neuphilologie begründet die moderne Literaturwissenschaft mit einem lebensphilosophischen Vorbehalt gegenüber einer szientistischen Methode und findet ihren idealen Gegenstandsbereich in einer absoluten, symbolistischen, abstrakten „poésie pure“. Von der sprachwissenschaftlichen Fachgeschichte wird mitunter die Ausdifferenzierung der Philologie in eine Linguistik und Literaturwissenschaft Anfang des 20. Jahrhunderts durch eine fehlende wissenschaftliche Methodologie der zurückgelassenen philologischen Schwester erklärt.19 Dies verkennt, wie lange sich die Literaturwissenschaften einer solchen bewusst verweigerten. Die Grundlagen der Geisteswissenschaften nach Dilthey beruhen ja auf einem holistischen und nicht naturwissenschaftlich-isolierenden Interesse: „Der Analysis der menschlichen Gesellschaft ist der Mensch selber als lebendige Einheit gegeben und die Zergliederung dieser Lebenseinheit bildet daher ihr fundamentales Problem.“20

2. Wissensschau einer lebensphilosophischen Poetik

In Deutschland ist die Situation nur teilweise der in Frankreich vergleichbar. An Hofmannsthal und Rilke soll im Folgenden das Lebensverhältnis der Literatur als „Weltinnenraum“21 diskutiert werden.

Sie haben mich kommen lassen, damit ich Ihnen von einem Dichter erzähle. Aber ich kann Ihnen nichts erzählen, was Ihnen seine Gedichte nicht erzählen können, weder über ihn, noch über andere Dichter, noch über Dichtung überhaupt. Was das Meer ist, darum darf man am wenigsten die Fische fragen. Nur höchstens, daß es nicht von Holz ist, erfährt man von ihnen.22

Das zitierte Ende aus Hofmannsthals Rede „Poesie und Leben“23 findet ein Bild für die Quelle, aus der Literatur entspringe – und ebenfalls eine historisch noch junge geisteswissenschaftliche Beschäftigung mit Literatur, so können wir ergänzen: Es ist das Meer des Lebens, auf dem wir nicht dank dem „Holz“ (also den Instrumenten der Naturbeherrschung) navigieren sollen, sondern in das wir selbst zurückfinden müssen, wie ein Fisch eintauchen, um an einem ganzheitlichen Wissen erlebnishaft teilzuhaben, ohne die Verkürzung der zweifelhaft gewordenen begrifflichen Rationalität, wie Hofmannsthal kurz zuvor erläutert:

Je besser einer reden kann und je stärker in ihm das scheinhafte Denken ist, desto weiter ist er von den Anfängen der Wege des Lebens entfernt. Und nur mit dem Gehen der Wege des Lebens, mit den Müdigkeiten ihrer Abgründe und den Müdigkeiten ihrer Gipfel wird das Verstehen der geistigen Kunst erkauft. Aber die Wege sind so weit, ihre unaufhörlichen Erlebnisse zehren einander so unerbittlich auf, daß die Sinnlosigkeit alles Erklärens, alles Beredens sich auf die Herzen legt, wie eine tödliche und doch göttliche Lähmung, und die wahrhaft Verstehenden sind wiederum schweigsam wie die wahrhaft Schaffenden.24

Es ist etwas unverkennbar Anti-Intellektualistisches in diesen Bildern, ein platonischer Rhetorikverdacht, der Vorbehalt der Konservativen Revolution gegenüber der Moderne und letztlich ein geisteselitärer Pakt, den Hofmannsthal schließt: zwischen einer „schweigenden“ Poetik (produktionsästhetisch) und einem „wahrhaften“ Verständnis (rezeptionsästhetisch), der Dichter grenzt von plappernder Diskursethik sein tönendes Evozieren ab, das direkt mit der Kategorie des „Erlebnisses“ gleichgesetzt wird. Diese Konzeption von Literatur kann man in verschiedene Richtungen kontextualisieren.25 In unserem Zusammenhang ist festzuhalten, dass die Geisteswissenschaften den anti­szientistischen Kern eines Verdachts gegenüber positivistischer Veräußerlichung des Wissens transportieren. Wilhelm Diltheys Grundlegung dieser Disziplinen aus den 1880er Jahren erhebt den Anspruch, naturwissenschaftlichem Erklären eine über Sinnesdaten nicht erschließbare Dimension des geistigen Wissens gegenüberzustellen:

Die tiefere Begründung der selbständigen Stellung der Geisteswissenschaften neben den Naturwissenschaften, welche Stellung den Mittelpunkt der Konstruktion der Geisteswissenschaften in diesem Werke bildet, vollzieht sich in diesem selber schrittweise, indem die Analysis des Gesamterlebnisses der geistigen Welt, in seiner Unvergleichbarkeit mit aller Sinnenerfahrung über die Natur, in ihm durchgeführt wird. Ich verdeutliche hier nur dies Problem, indem ich auf den zweifachen Sinn hinweise, in welchem die Unvergleichbarkeit dieser beiden Tatsachenkreise behauptet werden kann: entsprechend empfängt auch der Begriff von Grenzen des Naturerkennens eine zweifache Bedeutung.26

Nipperdey hat die Folgen einer idealistischen Neuorientierung in den Wissenschaften skizziert.27 Inneres Gewahrwerden und äußere Auffassung bei Dilthey werden nicht verknüpft, sondern geisteswissenschaftliches Wissen ist in einem ersten (gewissermaßen anti-sensualistischen) Schritt entkörperlicht, wird dann aber in einer neuen „psycho-physische[n] Lebenseinheit“28, einer Ganzheitlichkeit, die den Naturwissenschaften entgehen muss, zusammengeführt:

Der Komplexität des Lebens entspricht die komplexe Struktur der Geisteswissenschaften, die aus der Vielfalt der Facetten dieses Lebens erwachsen sind, – in Lebensbezügen und -erfahrungen, in individueller und kollektiver Selbstbesinnung und in der Artikulation und Ausdifferenzierung von zunächst unreflektiert gegebenen Erlebnisgehalten.29

Der wissenschaftlichen Methode (etwa von John Stuart Mill und Herbert Spencer) gegenüber steht ein geisteswissenschaftlicher Kurzschluss zwischen Leben und geistiger Welt, der eine sinnlich-logische, sprachlich-begriffliche Zwischenstufe ausblenden möchte und dadurch einen Zusammenhang von Erlebnis, Ausdruck und Verstehen schafft.

3. Autonomie und Leben

Es führt von der Poesie kein direkter Weg ins Leben, aus dem Leben keiner in die Poesie. Das Wort als Träger eines Lebensinhaltes und das traumhafte Bruderwort, welches in einem Gedicht stehen kann, streben auseinander und schweben fremd aneinander vorüber, wie die beiden Eimer eines Brunnens. Kein äußerliches Gesetz verbannt aus der Kunst alles Vernünfteln, alles Hadern mit dem Leben, jeden unmittelbaren Bezug auf das Leben und jede direkte Nachahmung des Lebens […].30

Lebensphilosophie und Autonomieästhetik gehen ambivalente Verbindungen ein: Der poeta vates kündet aus der Lebensimmanenz ein Wissen, das sich dem Wissen entzieht, Verhüllung und Enthüllung mischen sich, Unterweisung und Geheimlehre werden Teil des dichterischen Habitus. Form und Leben werden so ineinander verschränkt, dass ästhetische Negativität und hermetische Sinnverweigerung sich gleichwohl wissenspoetologisch autorisieren:

[…] Trennt ihr vom Inhalt die Form, so seid ihr nicht schaffende Künstler.
Form ist vom Inhalt der Sinn, Inhalt das Wesen der Form.31

Peter Szondi hat diesen ambivalenten Zusammenhang im lyrischen Drama der Jahrhundertwende, hier bei Hofmannsthals „Andreas“, von Ambivalenzen in der Lebensphilosophie auf die Kunst übertragen:

Man kann den Ästhetismus auffassen als letzten verzweifelten Versuch, den auf die Gedanken der Stürmer und Dränger und der Romantiker zurückgehenden Lebensbegriff in einer Welt zu verteidigen […]. Das Leben, in seiner Flüchtigkeit, in seiner Wandelbarkeit genommen, läßt nur eine Augenblickskunst zu. Und der Mensch, der das Leben nur noch als ästhetisches Phänomen gelten läßt, als Phänomen seiner Wahrnehmung, fordert damit zugleich eine Kunst, die die Wirklichkeit weder abbilden noch neu errichten, auch nicht stilisieren oder ins Groteske verzerren soll, keinen Realismus, keinen Klassizismus, keinen Manierismus also, sondern eine Kunst, die alles darauf setzt, die Welt im flüchtigen Eindruck zu erhaschen, darin aber die größte Wahrheitstreue zu erreichen, der ganzen Vielfalt der sinnlichen Wahrnehmung gerecht zu werden.32

Impressionistische Kunst trägt nach Szondi die Antinomie eines ästhetisierten Lebensbegriffs aus, denn „der Lebens- bzw. Naturbegriff bei den Stürmern und Drängern, bei Herder, bei Hölderlin“ hatte der Kunst als Gegenbegriff „die Welt des Objektivierten, Festgelegten, Gesetzmäßigen“ gegenübergestellt. Nun allerdings „soll dieser Lebensbegriff, der sich der Kunst zu entziehen scheint, selber die Kunst hervorbringen“, eine völlige Umkehrung also des Verhältnisses von Kunst und Leben. Hofmannsthals Sonett „Lebensquell“ reflektiert in den Terzetten durchaus, dass seine „Träume, Bilder“ von „lichter Lebensflut“ umspült werden.33 Poetische Autonomie der „Schau“ und impressionistische Sinnesflut legen sich als glänzender Tau auf die Oberfläche äußeren Lebens. Diese spezifische Wissenspoetologie will sich bei Rilke – anders als etwa bei Mallarmé – nicht vom Leben lösen, sondern sie betont immer wieder die tiefere Verwurzelung im Leben:

[…] … Und sagen sie das Leben sei ein Traum: Das nicht;
Nicht Traum allein. Traum ist ein Stück vom Leben.34

Jede Gattungsontologie transzendiert ja Strukturmerkmale zu Existenzkategorien, nehmen wir hier nur das Beispiel zweier romanistischer Grundlagenbücher des Romanisten Hugo Friedrich: Während er in Drei Klassiker des französischen Romans (1939) dem Roman einen diskursiven Anschluss an die wissenschaftliche Entzaubuerung, die „Lebensverflachung durch Demokratie, Wirtschaft und Technik“35 zubilligt und damit die Linie der deutschen Trennung von Zivilisation und Kultur fortsetzt, beruft er sich vor seiner eigentlichen Übersicht einer Negativität moderner Kunst in Die Struktur der modernen Lyrik (1956) auf den poetischen Menschen, der nach Novalis mit der Lyrik eine „Schutzwehr gegen das gewöhnliche Leben“36 schaffen kann. Der divinatorische Künder in der Nachfolge der Frühromantik beansprucht ein sprachmagisches Vermögen, das sich einer epistemologischen Kontextualisierung verweigert. In seinem Mallarmé-Unterkapitel „Enthumanisierung“ argumentiert Hugo Friedrich, dieser sei Novalis’ Weg „weitergegangen“:

Ein Grundzug modernen Dichtens ist seine immer entschiedener werdende Trennung vom natürlichen Leben. Mit Rimbaud zusammen bringt Mallarmé die radikalste Abkehr von der Erlebnis- und Bekenntnislyrik und damit von einem Typus, wie er damals noch, mit Größe, in Verlaine verkörpert war.37

Reden wir für den Anfang des 20. Jahrhunderts von Kunst, Erkenntnis, Wissenschaft und Formen des Wissens, griffe ein bloß propositionaler Wissensbegriff zu kurz. Die Verweigerungsgeste moderner Literatur, wie sie mit dem französischen Symbolismus einsetzt, bedeutet aber keine hermetische Weltlosigkeit, sondern den Anspruch auf ein anderes Wissen, das Literatur freilegt bzw. erschafft. Die Sprache einer Episteme der Klassik hatte nicht am Wissen Anteil, konstatiert Michel Foucault in Les mots et les choses (1966), sondern sie war deckungsgleich mit der Struktur des Wissens, aus diesem Grund verliere Sprache in der Moderne ihre Teilhabe am Prozess des Wissens. Nicht zuletzt so erklärt Foucault die positive Sprachwissenschaft, die eine entfremdende Vergegenständlichung der Sprache bedeute, hier setzte ja die Kritik der idealistischen Neuphilologie an den Junggrammatikern an.38 An dieser Schwelle verorten wir auch institutionsgeschichtlich die universitäre Trennung von Sprach- und Literaturwissenschaften. Karl Vossler wehrte sich mit einem Naturbild gegen bloße Strukturbeschreibungen von Sprache, die den Menschen nicht betrachten:

Die Sprache ist keine Wurzel und kein Stamm, sondern eine Blüte und Frucht des sozialen Lebens. Sie hat daher etwas Übersoziales an sich, das von denjenigen übersehen wird, die ihr lediglich eine praktische und empirische Wirklichkeit innerhalb der Gesellschaft zuerkennen.39

Im Gedicht „Welt und ich“ bringt Hofmannsthal das Lebensverhältnis des Menschen in der Moderne ins gleiche Bild des Baumes, der analog zum vorausgehendem Bild der Meerestiefen nun über die Beziehung von Krone und Wurzel das moderne Subjekt auf das Leben gründet:

[…] Das tiefe Meer mit Ungeheuern drin,
Die alles Lebens dumpfe Larven sind;
Die Bäume, deren Wurzel dunkel saugt
Und deren Krone voller Duft und Wind […].40

Rilkes Malte Laurids Brigge findet für die Skepsis gegenüber einem nur äußerlichen Weltwissen das verwandte Bild einer „Oberfläche des Lebens“:

Ist es möglich, daß man trotz Erfindungen und Fortschritten, trotz Kultur, Religion und Weltweisheit an der Oberfläche des Lebens geblieben ist? Ist es möglich, daß man sogar diese Oberfläche, die doch immerhin etwas gewesen wäre, mit einem unglaublich langweiligen Stoff überzogen hat, so daß sie aussieht wie die Salonmöbel in den Sommerferien?
Ja, es ist möglich.41

Rilkes Gedicht „Füllhorn“, das er Hofmannsthal widmet, imaginiert eine Verbindung zum Leben, die aus der „Tiefe seiner Windung“ Formen ausgießt, die nun an der Oberfläche als „der Blüten leichte Schenkung“ noch Spuren der Tiefe mit sich führen können, und die „Alle kaum beweisbar, wie Erdenkung, | Und vorhanden, wie Gefühl“ sind.42 In einer autopoetologischen Lektüre des Gedichts „Der Rätselhafte“ wird deutlich, wie prekär Form und Erkenntnis nun zueinander stehen:

[…] Ich zeichnete viel ziere Risse,
Behorchte alle Hindernisse, –
Dann wurden mir die Pläne krank
Es wirrten sich wie Dorngerank
Die Linien und die Ovale.43

Die Befreiung der Sprache wird Ausgangspunkt einer Existenzkrise, die aber zugleich epiphanisch aus dem Text eine tiefere Einsicht in das Sein ermöglicht:

[…] Bis tief in mir mit einem Male
Aus einem Griff ins Ungewisse
Die frommste aller Formen sprang.

Ich kann mein Werk nicht überschaun

Und fühle doch: Es steht vollendet.44

Erhabene Lebensfeier und verlorenes Lebensverständnis bedingen einander gewissermaßen, so in den viel zitierten Versen:

[…] Du mußt das Leben nicht verstehen,
Dann wird es werden wie ein Fest.45

Das moderne Subjekt steht nicht cartesianisch der Natur gegenüber, sondern ist Teil eines in sich diskontinuierlich-unsystematischen élan vital:

[…] Indem das Leben nimmt und giebt und nimmt
Entstehen wir aus Geben und aus Nehmen:
Ein Schwankendes, sich Wandelndes, ein Schemen […].46

Betrachten wir die literarische Anthropologie um 190047, so stehen Wissens- bzw. Sprachskepsis48 und künstlerische Trunkenheit in einem produktiven Spannungsverhältnis, das die „tiefe, wahre, innere Form“49 (man denke an George) nicht ganz aufgibt, aber das Sprachliche durch Geste und Gebärde zu überwinden sucht, diese wollen skeptisch oder/und triumphalisch die Körperlichkeit empirischer Sinnesdaten hinter sich lassen, wie in Hofmannsthals Lord Chandos-Brief:

Und aus dem Sallust floß in jenen glücklichen, belebten Tagen wie durch nie verstopfte Röhren die Erkenntnis der Form in mich herüber, jener tiefen, wahren, inneren Form, die jenseits des Geheges der rhetorischen Kunststücke erst geahnt werden kann, die, von welcher man nicht mehr sagen kann, daß sie das Stoffliche anordne, denn sie durchdringt es, sie hebt es auf und schafft Dichtung und Wahrheit zugleich, ein Widerspiel ewiger Kräfte, ein Ding, herrlich wie Musik und Algebra. Dies war mein Lieblingsplan.50

4. Diskursgeschichte literarischer Autonomie

Wenn wir diese Bestimmung von Poesie als „Ausdruck des Lebens“ in Diltheys Das Erlebnis und die Dichtung durchaus in sich ambivalent in der Einschätzung, was Poesie sichtbar machen kann und was nicht:

Poesie ist Darstellung und Ausdruck des Lebens. […] Dieser Gehalt an Leben in meinem eigenen Selbst, meinen Zuständen, den Menschen und Dingen um mich her bildet den Lebenswert derselben, im Unterschied von den Werten, die ihnen durch ihre Wirkungen zukommen. Und dies und nichts anderes ist es, was die Dichtung zunächst sehen läßt. Ihr Gegenstand ist nicht die Wirklichkeit, wie sie für einen erkennenden Geist da ist sondern die in den Lebensbezügen auftretende Beschaffenheit meiner selbst und der Dinge. Hieraus erklärt sich, was uns ein lyrisches Gedicht oder eine Erzählung sehen läßt – und was für sie nicht existiert.51

Die Abkehr vom Positivismus ist nicht nur eine literarische, sondern auch eine literaturwissenschaftliche, die von einer Philologie des 19. Jahrhunderts (man denke an Hippolyte Taine oder Gustave Lanson) über die Hinwendung zum Idealismus in der Ästhetiktheorie (etwa Croce, Pirandello, Bergson, Proust) auch die modernen Literaturwissenschaften als eine nun „idealistische“ Neuphilologie (Vossler, Spitzer, Curtius, Klemperer, Lerch etc.) fundieren. Frank-Rutger Hausmann sieht hierin auch einen neuen Habitus des Forschers und eine nun stärker auf die Gegenwartsproduktion gerichtete Themenwahl:

Mehrere Romanisten wie Ernst Robert Curtius, Wilhelm Friedmann, Victor Klemperer, Eugen Lerch, Leo Spitzer, Karl Vossler, Eduard Wechßler u.a. wollten allerdings nicht mehr Nur-Philologen sein, sondern, nach romanischem Vorbild, auch Literaten, die durch ihre Beiträge in der Tagespresse als Vermittler zwischen den Kulturen wirkten und zu wichtigen Fragen der Zeit Stellung nahmen.52

Christoph König eröffnet sein Hofmannsthal-Buch mit einem Kapitel, das „Philologie und Poesie“ ineinander liest, in einer Zeit, in der „nun Philologie und Bildung einander fremd gegenüberstehen“.53 Jede wissenschaftliche Bestimmung literarischer Autonomie oszilliert (wie ihr Forschungsgegenstand selbst) zwischen Relevanzanschlüssen (an Wertsysteme, politische Programme, Leitideen, Förderpolitik etc.) und andererseits der Scheidung eines engen, spezifischen Literaturbegriffs von einem extensiven Textkorpus, mit Gerd Antos könnte man insofern auch von „wissenschaftlicher Autonomie“ sprechen.54 Da die Germanistik eine Methodengeschichte der Literaturwissenschaft in stärkerem Maße etabliert hat als die Romanistik, bleibt die Übertragbarkeit des Forschungsstandes auf eine Fremdsprachenphilologie und insbesondere auf die idealistische Neuphilologie der 1920er Jahre noch zu leisten. Germanistische Autonomiedebatten gingen in der hohen Zeit der Literaturtheorie wohl bewusster mit deren jeweiligen historisch-philosophischen Kontextualisierung um und unterlagen nicht im gleichen Maß der Absolutsetzung des jeweiligen Autonomiekonzepts wie die deutsche Romanistik, die zwischen Mallarmé, den Avantgarden, dem Nouveau-Roman und den Ausläufern der Neo-Avantgarden der 80er Jahre allerdings auch einem grundlegend anderen Kanon literarischer Autonomie gegenüberstanden. Eine Diskursgeschichte literarischer Autonomie aus einer wissenspoetologischen Perspektive des 21. Jahrhunderts bleibt noch zu schreiben. Sie hat davon auszugehen, dass auch Autonomie- (und Heteronomie-) Bestimmungen von Literatur und historische Verschiebungen des Begriffsfeldes immer dialektisch von der diskursiven Auflösung des Einteltextes abgrenzen, sich aber hierfür auf Wissensdiskurse beziehen müssen. So äußert sich Adorno ja ebenso über seine Gegenwart wie über seinen Gegenstand, wenn er schreibt: „Die Funktion der Kunst in der gänzlich funktionalen Welt ist ihre Funktionslosigkeit; purer Aberglaube, sie vermöchte direkt einzugreifen oder zum Eingriff veranlassen.“55

Analog zum anglo-amerikanischen New Criticism bleibt das geistesgeschichtlich-idealistische Beharren auf literarische Autonomie in Deutschland nach 1945 durchaus bestehen. Zwar mussten Germanisten und Romanisten ins Exil oder in die innere Emigration, wenn sie nicht Opfer von Berufsverbot oder Verfolgung wurden. Dennoch gilt es, die methodengeschichtliche Kontinuität des Autonomiekonzepts zu erklären, die nach 194556 die völkisch diskreditierte Geistesgeschichte durch werkimmanente Interpretationsverfahren (unter weitgehender Aufgabe der lebensphilosophischen Anbindung) ablöste, die in den 50er und 60er Jahren dominant blieb; die Fachgeschichte der Germanistik untersuchte dies etwa für die politische Haltung einiger Fachvertreter. So wie die deutsche Nachkriegsarchitektur das Bauhaus-Projekt pragmatisch in den Wiederaufbau integrierte, ohne freilich Modernität als Lebensreform noch ernst zu nehmen, so schlug sich nun die Beschäftigung mit dem „sprachlichen Kunstwerk als solchem“ abgelöst von den tieferen philosophischen Prämissen unter anderem als Editionswissenschaft (Trunz), über eine typologisierende Poetik (Kayser), humanistische Studien (Staiger), Ästhetikgeschichten (Kindermann) und gattungsgeschichtliche Forschung (von Wiese) nieder.

Mit dem Moment 1970 ist eine bis heute fortwirkende Generationenabfolge57 in Germanistik wie Romanistik benannt, die Textimmanenz bedient sich nun stärker linguistischer bzw. allgemein strukturalistischer Verfahren, um Text- und Gattungsstrukturen zu untersuchen (die bereits in den 1960er Jahren erarbeiteten Methoden setzen sich nun durch, etwa mit Lämmert, Hamburger und Stanzel), was zunächst nicht mehr als ein idealistisches Forschungsprogramm gesehen werden kann. Literaturprogramme nehmen insbesondere in Frankreich literaturtheoretische Debatten auf, so dass sich hier Gegenstandsbereich und Methodeninventar vermischen, aber auch an Versuchen von Literaturtheorien in der Folge, ein spezifisch literarisches Engagement zu begründen, wie Tel Quel.58 Textautonomie und Lebenswissen sind längst auseinandergetreten.

Die Umbildung der universitären Beschäftigung mit Literatur zur „Wissenschaft“ fand eigentlich erst seit den 1960er Jahren wirklich statt. Was hat sie dabei verloren, was gewonnen? Nachdem Ende des 19. Jahrhunderts der Positivismus, in den 20er Jahren die Geistesgeschichte und in den 50er Jahren die Werkimmanenz dominierten,59 ist gegenwärtig der Textbegriff in den methodenplural gewordenen Literaturwissenschaften überwiegend als ein kulturwissenschaftlich geöffneter präsent, was in der Forschungspraxis mit einem entgrenzenden, pragmatischen Methodeninventar einhergeht.60 Mit einer Methodenwende von 1970 verlagert sich einerseits der Fokus von der Textimmanenz auf Sozial-, Kultur-, Rezeptions- und Mediengeschichte, die ihnen gegenüberstehende Literaturtheorie dieser Zeit entlebendigt den Text zum Objekt von Strukturbeschreibungen. Freilich betonen die Vertreter neuerer kontextorientierter Methoden (z.B. New Historicism), dass dieser Kontext selbst Text sei. Mit dem Lebensbegriff um 1900 hat er nichts gemein, und als Gegenkonzept zum New Criticism muss ihm Autonomie als Versuch erscheinen, aus der Stimme des Toten die Stimme der Toten zu tilgen, wie Greenblatt sich ausdrückt. Heute ist eine weitgehende Abwesenheit von Autonomiedebatten – und damit auch von literaturwissenschaftlichen Kerndebatten um den literarischen Einzeltext – zu konstatieren, die sich paradigmatisch als Umbau von Geistes- zu Kulturwissenschaften beschreiben lässt, dabei waren die Anfänge der Geisteswissenschaften doch dezidiert auf das Leben gerichtet. Literarische Debatten fokussieren heute „Relevanz“ und „Realismus“ ihrer Arbeiten, parallel dazu – man lese das folgende Zitat vor dem Hintergrund von Hofmannsthals Lord Chandos Brief – ist von den Medienwissenschaften her eine Abkehr von Zeichentheorie festzustellen, so heißt es im Programm des Konstanzer Graduiertenkollegs „Das Reale in der Kultur der Moderne“:

Die Akzentuierung der Signifikantenseite von kultureller und wissenschaftlicher Produktion führte aber dazu, dass deren Gegenstandsseite – also die Summe dessen, worauf sich Repräsentationen und Diskurse beziehen – aus dem Blickfeld der betreffenden Theorien heraustreten musste. Das ist nicht allein eine Frage selektiver Gewichtung, sondern liegt in der wechselseitigen Ausschließlichkeit beider Perspektiven begründet. Semiotische (auf Zeichen bezogene) und realistische (auf Dinge bezogene) Ansätze sind von einem bestimmten Punkt an miteinander unverträglich.61

Während in der literaturtheoretischen Debatte seit den 1970er Jahren Ausblendungsstrategien von Referentialität nachgezeichnet werden können, etwa am Beispiel der Rimbaud-Forschung zu zeigen, sind heute Ausblendungsstrategien von Autonomie zu beobachten, z.B. in den Debatten um Realismus, um die „Dokufiktion“, um Pornographisierung von Literatur, um die Medialität der Literatur etc. Gibt es hier nicht gewisse Parallelen zur lebensphilosophischen Rückbindung an die Lebenswelt des Menschen? Nach Jahrzehnten der theoretischen Verfeinerung sucht heute die Literaturwissenschaft wieder nach dem Nutzen und dem Nachteil der Literaturwissenschaft für das Leben, so schreibt Wolfgang Asholt in einem programmatischen62 gemeinsamen Band mit Ottmar Ette:

Ein solches Lebenswissen der Literatur zu berücksichtigen, sollte nicht dazu führen, dass die Literaturwissenschaft auf ihre Komplexitätssteigerungserfolge der vergangenen Jahrzehnte verzichten müsste, die fast exklusiv die Autonomie der Literatur proklamierten. Eine neue, diesem Wissen gewidmete Aufmerksamkeit könnte aber zur Etablierung eines „doppelten Registers“ führen, dank dessen die Literaturwissenschaft sich immer ihrer je anderen Kompetenz bewusst bleibt und nicht eine zuungunsten der anderen absolut setzt, wie dies in Hinblick auf die Eigenlogik der Literatur noch immer das herrschende Paradigma ist. Vielmehr sollte es eine „relative Autonomie“ (Ette) gestatten, wieder beiden Wissensordnungen gerecht zu werden.63

Der für unseren Kontext relevante Punkt liegt in Asholts Wiederanknüpfen an die idealistische Neuphilologie: An Ernst Robert Curtius’ frühen Arbeiten zeigt er64 die lange nicht gesehenen lebensphilosophischen Grundlagen seines literaturwissenschaftlichem Arbeitens, das von der Folgegeneration (z.B. Gumbrecht) ja zur Folie seiner Abarbeitung an der deutschen Methodengeschichte genommen wurde. Für die Anerkennung des mächtigsten Romanisten der 1920er Jahre hingegen, Karl Vossler, ist eine Kontextualisierung seines Denkens in den oben skizzierten Kontext – und also eine Revision seiner Forschungsleistung bis heute weitgehend Desiderat geblieben.65 Seine Formulierung einer „idealistischen Neuphilologie“ wurde nur (oft ablehnend) von den Sprachwissenschaften rezipiert – er wollte ja noch einmal die Einheit der Philologie sprachphilosophisch begründen. Das Verhältnis von Ich und Welt (Hofmannsthal), von Erlebnis und Ausdruck (Dilthey), von Tiefe und Oberfläche des Lebens (Rilke) spiegelt sich in Vosslers Relationierung von „innerer und äußerer Sprachform“.66 Im Kapitel „Das Leben und die Sprache“ seiner Aufsätze zur Sprachphilosophie versucht Vossler einen von Abstraktion gefährdeten Bezug des Philologen zum Leben zu bestimmen, der die menschliche Freiheit bewahrt:

Denn die Sprache als Funktion ist ein Abstraktum, ein entleerter Begriff, der den Fortschritt und das Leben niemals wird fassen können, der auch dadurch nicht voller und beweglicher wird, daß man ihm das Vollste und Beweglichste, nämlich den Begriff des Lebens selbst, an die Seite gibt. Der Begriff des Lebens schleppt den seiner Funktion wie seinen eigenen Leichnam hinter sich her. Soll dieser Leich­nam wieder lebendig und fortschrittsfähig werden, so muß das Leben in ihn hineinfahren, so muß die Funktion als Handlung, nicht als Geschehen, als Energeia, nicht als Ergon, und auch nicht als blinde Handlung und Energie, sondern als bewußte scharf­äugige, geistige Tätigkeit gedacht werden. Und ist in der Tat das Sprechen nicht eine Betätigung des Geistes, eine Angelegenheit, die gelernt, geübt, ver­edelt und schließlich bis zur genialen Kunst des Dichters gesteigert wird.67

Zum Verhältnis von Kunst, Erkenntnis und Wissenschaft einer nach-positivistischen Literaturwissenschaft Anfang des 20. Jahrhunderts bleibt festzuhalten: Was an der Verbindung von Literatur und Leben im Sinne eines Wissens der Literatur – das zuerst und immer auch ein Lebenswissen repräsentiert – heute noch faszinieren kann, ist die Anstrengung, mit der die Literatur als privilegiertes Medium, als Wegbereiter eines solchen Lebenswissens in Anspruch genommen wird. Fach- und Ideengeschichte spielen in der Ausbildung einer literarischen wie literaturwissenschaftlichen Erkenntnisskepsis zusammen, nicht nur auf dem Gebiet einer lebensphilosophisch interpretierbaren Dichtung, sondern auch für die historische Veränderung der literaturwissenschaftlichen Konzeption von Literatur ist dies von Interesse. Ein lebensphilosophischer Ansatz erhebt hier wie in der Philosophie den Anspruch, nicht von einer Theorie, sondern von der Lebenswelt des Menschen auszugehen:

[…] und so entsteht also für die Philosophie das Problem, nicht Sensualismus oder Positivismus, nicht Idealismus, kein einseitiger Ausgangspunkt, sondern die Philosophie, die den Menschen nimmt, wie sie ihn findet, eine Lebenseinheit, Subjekt und Objekt, Lebenseinheit und Außenwelt, Relation von beiden, innerer Zusammenhang des empirischen Bewußtseins.68

Diese Einheit ist auch der Grund für das Interesse der Romanistik dieser Zeit an Stilistik: Leo Spitzer versteht seine Arbeit explizit nicht als textimmanente Methode, sondern interessiert sich auf der Basis von „intuitiven“, „spekulativen“ Stilstudien für das Innenleben, die „seelische Erregung“ des Menschen.69

Leben ist auch ohne Denken möglich: Denken wird mithin als nur eine Form unter anderen, als ein Teil des Lebens relativiert, das bedingte um 1900 einen neuen Wissensbegriff, der sich bei Croce als vorbegriffliche „intuizione“ begründete und seine Trennung in (historisch-äußerliche) „letteratura“ und (geistig-innerliche) „poesia“ ermöglichte:

Si è pensato talvolta che l’arte sia, non la semplice intuizione, ma quasi l’intuizione di un’intuizione; allo stesso modo che il concetto scientifico sarebbe, non il concetto volgare, ma il concetto di un concetto. L’uomo, insomma, si eleverebbe all’arte con l’oggettivare, non già le sensazioni, come accade nell’intuizione comune, ma l’intuizione stessa.70

Wenn Leben nicht rationalisierbar ist, kann es sich nur aus sich selbst verstehen und problematisiert eine aus der Immanenz heraus auf Ganzheit zielende Vermittlung von Denken und Leben. Während der Verstand immer nur Verstandesmäßiges schafft, kann Leben Leben zeugen. Wahrheit der Kunst wurde deshalb als Seinsart eines Ganzen begriffen, als umfassender Sinn von Leben in seiner Dynamik.


  1. Karl Vossler, Positivismus und Idealismus in der Sprachwissenschaft (Heidelberg: C. Winter, 1904), 98. Vgl. zu dieser Stelle: Ulrich Thilo, Rezeption und Wirkung des ‚Cours de linguistique générale‘ (Tübingen: Narr Verlag, 1989), 149.

  2. Vgl. zum Einfluss der Vossler-Schule Clemens Knobloch, „Volkhafte Sprachforschung“: Studien zum Umbau der Sprachwissenschaft in Deutschland zwischen 1918 und 1945 (Berlin: De Gruyter, 2005), 56–59.

  3. Gumbrecht differenziert, Spitzer habe „den rhetorischen Gestus des Positivismus“ benutzt, sich aber Vossler zunehmend mit seinem Stilbegriff angenähert, vgl. Hans Ulrich Gumbrecht, Leo Spitzers Stil (Tübingen: Narr, 2001), 33.

  4. Bspw. fragen Klinkert und Neuhofer hierbei auch nach einem spezifischen ‚Wissen‘ der Literatur, vgl. Thomas Klinkert und Monika Neuhofer, Hrsg., Literatur, Wissenschaft und Wissen seit der Epochenschwelle um 1800: Theorie – Epistemologie – komparatistische Fallstudien (Berlin: De Gruyter, 2008).

  5. „Djerzinski n’était nullement parvenu à recréer autour de lui un tel phénomène [de Max Planck, Verf.]. L’ambiance au sein de l’unité de recherches qu’il dirigeait était, ni plus ni moins, une ambiance de bureau. Loin d’être les Rimbaud du microscope qu’un public sentimental aime à se représenter, les chercheurs en biologie moléculaire sont le plus souvent d’honnêtes techniciens, sans génie, qui lisent Le Nouvel Observateur et rêvent de partir en vacances au Groenland. La recherche en biologie moléculaire ne nécessite aucune créativité, aucune invention; c’est en réalité une activité à peu près complètement routinière, qui ne demande que de raisonnables aptitudes intellectuelles de second rang.“ Michel Houellebecq, Les Particules élémentaires: roman (Paris: Flammarion, 1998), Kap. 2.

  6. Vgl. Jürgen Habermas: Erkenntnis und Interesse (Frankfurt am Main: Suhrkamp, 1968), Kap. „Positivismus, Pragmatismus, Historismus“, 88–233.

  7. Wolfgang J. Mommsen, „Kultur und Wissenschaft im kulturellen System des Wilhelmismus: Die Entzauberung der Welt durch Wissenschaft und ihrer Verzauberung durch Kunst und Literatur“, in: Kultur und Kulturwissenschaften um 1900: II. Idealismus und Positivismus, hrsg. von Gangolf Hübinger, Rüdiger vom Bruch und Friedrich Wilhelm Graf (Stuttgart: Franz Steiner Verlag, 1997), 24–40.

  8. Vgl. Rainer Warning, Die Phantasie der Realisten (München: Fink Verlag, 1999).

  9. Sandrine Schiano-Bennis, La renaissance de l’idéalisme à la fin du XIXe siècle (Paris: Champion 1999.)

  10. Henri Mitterand, „Le quatrième Zola“, Œuvres et critiques 2 (1991): 85-91. Vgl. neuerdings: Fabian Scharf, Émile Zola: De l’utopisme à l’utopie (1898 – 1903), Paris, Champion 2011.

  11. François Livi, J.-K. Huysmans: À rebours et l’esprit décadent (Paris: Nizet, 1991) 140 u. 209.

  12. Kai Nonnenmacher, „La palette éblouissante de la chair: Edmond et Jules de Goncourt“, in: Variations, Nr. 8: „Fleisch/carne/chair“ (2002): 53–76.

  13. Henri Bergson, L’évolution créatrice (Paris: Alcan, 41908), „Introduction“, ii.

  14. Jürgen Große, Lebensphilosophie (Stuttgart: Reclam, 2010).

  15. Rainer Maria Rilke, Gedichte 1910 bis 1926, hrsg. von Manfred Engel und August Stahl, Werke: Kommentierte Ausgabe (Frankfurt am Main, Insel, 1996), Bd. 2, 226.

  16. André Gide, Les caves du Vatican: sotie (Paris: Gallimard, 1922), 13.

  17. Thomas Anz, Literatur der Existenz: Literarische Psychopathographie und ihre soziale Bedeutung im Frühexpressionismus (Stuttgart: Metzler, 1977).

  18. Gustave Flaubert, Bouvard et Pécuchet, Œeuvres complètes 7 (Paris: A. Quantin, 1885), Kap. 8, 260. Vgl. dazu Dietrich Scholler, Umzug nach Encyclopaedia: Zur narrativen Inszenierung des Wissens in Flauberts „Bouvard et Pécuchet“ (Berlin: Weidler, 2002).

  19. Vgl. Johanna Wolf, Kontinuität und Wandel der Philologien: Textarchäologische Studien zur Entstehung der Romanischen Philologie im 19. Jahrhundert (Tübingen: Narr, 2012).

  20. Wilhelm Dilthey, Einleitung in die Geisteswissenschaften: Versuch einer Grundlegung für das Studium der Gesellschaft und der Geschichte, Gesammelte Schriften 1 (Stuttgart: Teubner, 1922), 375.

  21. Zu diesem Begriff Rilkes vgl. Gísli Magnússon, Dichtung als Erfahrungsmetaphysik: Esoterische und okkultistische Modernität bei R.M. Rilke: (Würzburg: Königshausen und Neumann, 2009), 183; Ulrich Baer, Das Rilke-Alphabet (Frankfurt am Main: Suhrkamp, 2006), 78; Hermann Glaser, Kleine Kulturgeschichte Deutschlands im 20. Jahrhundert (München: Beck, 2002), 108; Katrin Kohl, Poetologische Metaphern: Formen und Funktionen in der deutschen Literatur (Berlin: De Gruyter, 2007), 324.

  22. Hugo von Hofmannsthal, „Poesie und Leben“, in: ders., Gesammelte Werke in zehn Einzelbänden. Reden und Aufsätze 1–3. Bd. 1, Frankfurt a. M. 1979) 13–19, 185–186, Zit. 13.

  23. Vgl. dazu insbes. Gregor Streim, Das ‚Leben‘ in der Kunst: Untersuchungen zur Ästhetik des frühen Hofmannsthal (Würzburg: Königshausen und Neumann, 1996), Kap. 3.3.4 „Poesie und Leben“, 127–133.

  24. Hofmannsthal, „Poesie und Leben“, 19.

  25. Vgl. zu dieser Stelle bspw.: Sebastian Schmitter, Basis, Wahrnehmung und Konsequenz: Zur literarischen Präsenz des Melancholischen in den Schriften von Hugo von Hofmannsthal und Robert Musil (Würzburg: Königshausen u. Neumann, 2000), 277.

  26. Dilthey, Einleitung in die Geisteswissenschaften, 8.

  27. Thomas Nipperdey, Deutsche Geschichte 1866 – 1918 (München: Beck, 31990), Bd. 1, 652.

  28. Dilthey, Einleitung in die Geisteswissenschaften, 15.

  29. Dazu: Frithjof Rodi, „Die Verwurzelung der Geisteswissenschaften im Leben: Zum Verhältnis von ‚Psychologie‘ und ‚Hermeneutik‘ im Spätwerk Diltheys“, in: Kultur verstehen: Zur Geschichte und Theorie der Geisteswissenschaften, hrsg. von Gudrun Kühne-Bertram, Hans-Ulrich Lessing und Volker Steenblock (Würzburg: Königshausen und Neumann, 2003) 73–85.

  30. Hofmannsthal, „Poesie und Leben“, 16.

  31. Hugo von Hofmannsthal, Gedichte, hrsg. von Andreas Thomasberger u. Eugene Weber, Kritische Ausgabe 2 (Frankfurt am Main: Fischer, 1988), 88.

  32. Peter Szondi, „Der junge Hofmannsthal“, in: ders., Das lyrische Drama des Fin de siècle, hrsg. von Henriette Beese (Frankfurt: Suhrkamp 1975), 281–285.

  33. Hugo von Hofmannsthal, Gedichte, Dramen, Gesammelte Werke in zehn Einzelbänden 1 (Frankfurt a.M.: Fischer, 1979), 116.

  34. Rainer Maria Rilke, Gedichte 1895 bis 1910, hrsg. von Manfred Engel und August Stahl, Werke: Kommentierte Ausgabe 1 (Frankfurt am Main: Insel, 1996), 358.

  35. „Es war schon gesagt worden, daß im Willen zur Bestimmung des Tatsächlichen der Roman heranrückt in die Nähe des wissenschaftlichen Werkes. Lebt er auch vom Widerstand gegen die Lebensverflachung durch Demokratie, Wirtschaft und Technik, so bedient er sich doch gerade der Methode des Denkens, die zum Aufschwung der Technik geführt hat: der Methode der exakten Wissenschaften. Sie erzeugt den Glauben an die Berechenbarkeit alles Wirklichen und an seine unbedingte Determiniertheit im Gesetz der Kausalität. Das 19. Jahrhundert ist gekennzeichnet durch die Übertragung der wissenschaftlichen Methode auf die Betrachtung der moralischen und sozialen Welt.“ Hugo Friedrich, Drei Klassiker des französischen Romans: Stendhal, Balzac, Flaubert (Frankfurt am Main: Vittorio Klostermann, 1980), Kap. „Die neue Wirklichkeit im französischen Roman des XIX. Jahrhunderts“, 30.

  36. „Was Novalis über die Poesie sagt, bezieht sich fast durchweg auf die Lyrik, die nunmehr als das ‚Poetische schlechthin‘ erscheint. Zu ihrem Wesen rechnet er die Unbestimmbarkeit und den unendlichen Abstand von der übrigen Literatur. […] Sie ist eine ‚Schutzwehr gegen das gewöhnliche Leben‘. Ihre Phantasie genießt die Freiheit, ‚alle Bilder durcheinanderzuwerfen‘. Sie ist singende Opposition gegen eine Welt der Gewohnheiten, in der poetische Menschen nicht leben können, denn sie sind ‚divinatorische, magische Menschen‘.“ Hugo Friedrich, Die Struktur der modernen Lyrik: Von der Mitte des neunzehnten bis zur Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts, erw. Neuausg. (Reinbek: Rowohlt, 1967), 28.

  37. Friedrich, Die Struktur der modernen Lyrik, 109.

  38. Karl Vossler, Positivismus und Idealismus in der Sprachwissenschaft: Eine sprachphilosophische Untersuchung, (Heidelberg: Winter. 1904).

  39. Karl Vossler, Geist und Kultur in der Sprache (Heidelberg: C. Winter, 1925), 208–209.

  40. Zit. nach: Richard Exner, Hugo von Hofmannsthals „Lebenslied“: Eine Studie (Heidelberg: Winter, 1964), 118.

  41. Rainer Maria Rilke, Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge, Sämtliche Werke 6 (Wiesbaden und Frankfurt a.M.: Insel, 1966), 727.

  42. Rilke, Gedichte 1910 bis 1926, 305.

  43. Rainer Maria Rilke, Gedichte 1895 bis 1910, hrsg. von Manfred Engel und August Stahl, Werke: Kommentierte Ausgabe 1 (Frankfurt am Main: Insel, 1996), 183.

  44. Rilke, Gedichte 1895 bis 1910, 183.

  45. Rilke, Gedichte 1895 bis 1910, 71.

  46. Rilke, Gedichte 1895 bis 1910, 369.

  47. Wolfgang Riedel, Homo Natura: Literarische Anthropologie um 1900 (Berlin: Walter de Gruyter, 1996).

  48. Dazu: Timo Günther, Hofmannsthal: Ein Brief (München: Fink, 2004).

  49. Vgl. dazu: Joachim Wohlleben, Versuch über „Perrudja“ (Tübingen: Niemeyer, 1985), 49; Corinna Jäger-Trees, Aspekte der Dekadenz in Hofmannsthals Dramen und Erzählungen des Frühwerks (Haupt, 1988), 189; Margret Eifler, Die subjektivistische Romanform seit ihren Anfängen in der Frühromantik (Tübingen: Niemeyer, 1985), 49.

  50. Hugo von Hofmannsthal, „Ein Brief“, in: ders., Erzählungen, Erfundene Gespräche und Briefe, Reisen, Gesammelte Werke in zehn Einzelbänden (Frankfurt a.M., Fischer, 1979), 462.

  51. Wilhelm Dilthey, Das Erlebnis und die Dichtung: Lessing, Goethe, Novalis, Hölderlin, hrsg. von Gabriele Malsch (Göttingen: Vandenhoeck und Ruprecht, 2005), Kap. „Das Leben“, 115.

  52. Frank-Rutger Hausmann, „Romanistik in der Zeit des Nationalsozialismus“, in: Nationalsozialismus in den Kulturwissenschaften: Fächer – Milieus – Karrieren, hrsg. von Hartmut Lehmann und Otto Gerhard Oexle (Göttingen: Vandenhoeck und Ruprecht, 2004), Bd. 1, 40.

  53. Christoph König, Hofmannsthal (Göttingen: Wallstein Verlag, 2001), Kap. „Philologie und Poesie“, 21–68, Zit. 23.

  54. Vgl. Gerd Antos, „Wissenschaftliche Autonomie und transdisziplinäre Offenheit: Germanistik und Angewandte Linguistik als Nachbarn“, in: Literaturwissenschaft und Linguistik von 1960 bis heute, hrsg. von Ulrike Hass und Christoph König (Göttingen: Wallstein Verlag, 2003), 107–120.

  55. Theodor W. Adorno, „Paralipomena“, in: Ästhetische Theorie, Gesammelte Schriften 7 (Frankfurt am Main: Suhrkamp, 1970), 389–490, Zit. S. 475.

  56. Vgl.: Zeitenwechsel: Germanistische Literaturwissenschaft vor und nach 1945, hrsg. von Wilfried Barner und Christoph König, Frankfurt a. M. 1996; Frank-Rutger Hausmann, Die Geisteswissenschaften im „Dritten Reich“, (Frankfurt am Main, 2011).

  57. Vgl. Kai Nonnenmacher, „Ernst Robert Curtius: Europäisierung historischer Topik oder französische Zeitgenossenschaft?“, in: France-Allemagne au XXe siècle: La construction académique d’un couple. Les spécialistes universitaires de l’Allemagne et de la France au XXème siècle, hrsg. von Michel Grunewald, Hans Jürgen Lüsebrink, Reiner Marcowitz u. Uwe Puschner (Bern: Peter Lang, 2012).

  58. Kai Nonnenmacher, „Totalitäre Sprachen 1968: Jean Pierre Faye zwischen Stéphane Mallarmé und Carl Schmitt“, in: 1968 / 2008: Revision einer kulturellen Formation, hrsg. von Isabella von Treskow und Christian von Tschilschke (Tübingen: Narr, 2008), 115–128.

  59. Vgl. Jochen Vogt, Einladung zur Literaturwissenschaft (München: UTB, 2001), 209.

  60. Oft als Opposition zwischen text- bzw. kontextorientierten Methoden: z.B. Geistesgeschichte vs. Sozialgeschichte der Literatur; letteratura vs. poesia (B. Croce); Idealistische Neuphilologie vs. historisch-materialistische Literaturwissenschaft; New Criticism vs. New Historicism.

  61. Vgl. Graduiertenkolleg „Das Realie in der Kultur der Moderne“, Universität Konstanz, Programm, http://www.uni-konstanz.de/reales/Downloads/Forschungsprogramm-des-Graduiertenkollegs.pdf.

  62. Vgl.: Jörg Dünne „Von Listen und Lasten der Philologie für das Leben“, in: PhiN – Philologie im Netz 57 (2011), http://web.fu-berlin.de/phin/.

  63. Wolfgang Asholt „Neues Leben (in) der Literaturwissenschaft?“, in ders. und Ottmar Ette (Hrsgg.) Literaturwissenschaft als Lebenswissenschaft: Programm – Projekte – Perspektiven (Tübingen: Narr, 2010), 65–73.

  64. Wolfgang Asholt, „Von der Philosophie zur Philologie des Über-Lebens: Die Literatur und das Leben des Geistes bei Ernst Robert Curtius“, in: Wissensformen und Wissensnormen des Zusammenlebens: Literatur – Kultur – Geschichte – Gesellschaft, hrsg. von Ottmar Ette (Berlin: de Gruyter, 2012).

  65. Vgl. Kai Nonnenmacher, „Karl Vossler et la littérature française“, in: France – Allemagne, regards et objets croisés: la littérature allemande vue de la France – la littérature française vue de l’Allemagne, hrsg. von Wolfgang Asholt u. Didier Alexandre (Tübingen: Narr, 2011), 225–240.

  66. Dazu etwa: Heidi Aschenberg, Idealistische Philologie und Textanalyse (Tübingen: Narr, 1984), 53.

  67. Karl Vossler, „Das Leben und die Sprache“, in: Gesammelte Aufsätze zur Sprachphilosophie (München: Hueber, 1923), 101. Vossler bezieht sich hier auf Charles Bally, Le langage et la vie (Heidelberg: Winter, 1913).

  68. Wilhelm Dilthey, Logik und System der philosophischen Wissenschaften: Vorlesungen zur erkenntnistheoretischen Logik und Methodologie (1864 – 1903), hrsg. von Hans-Ulrich Lessing und Frithjof Rodi, Gesammelte Schriften 20 (Göttingen: Vandenhoeck und Ruprecht 1990), 257.

  69. Vgl. Karlheinz Göttert und Oliver Jungen, Einführung in die Stilistik (München: Fink, 2004), 41; Dörte Schultze-Seehof, Italienische Literatursemiotik: von Avalle bis Eco (Tübingen: Narr, 2001), 28ff. Stamm argumentiert analog, vgl. Ulrike Stamm, Ein Kritiker aus dem Willen der Natur: Hugo von Hofmannsthal und das Werk Walter Paters (Würzburg: Königshausen und Neumann, 1997), 249.

  70. Benedetto Croce, Estetica come scienza dell’espressione e linguistica generale (Bari: Laterza, 41912), 16; vgl. auch: Sarah Dessì Schmid, Ernst Cassirer und Benedetto Croce: Die Wiederentdeckung des Geistes: Ein Vergleich Ihrer Sprachtheorien (Tübingen: Francke, 22011).





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